9. Türchen – SauBär

Ein Kranz in dessen Mitte eine 9 steht.»Eines Tages kommt ein kleines teuflisches Ding daher, schnappt dich, sabbert dich voll und wird dich erst wieder herausrücken, wenn du keine Kraft mehr hast und dir wünschst hier mit deinen Brüdern und Schwestern im sicheren Heim geblieben zu sein.«

Das war einer der ersten Sätze, an die ich mich erinnern konnte. Allerdings kamen diese kleinen, teuflischen Dinger nie. Ich wurde viel angestarrt. Mal waren es Kinder mit großen Augen, Erwachsene mit kritischen Blicken oder auch mal einer der Verkäufer des Ladens, wenn sie darauf achteten, ob auch alles ordentlich war. Die wenigsten Kinder nahmen mich aus dem Regal. Sie warfen mir nur unschuldige oder bewundernde Blicke zu.

Als wäre es etwas Besonderes hier in dieser Reihe zu sitzen. Vielleicht war es das auch. Immerhin teilte ich mir meine Ebene mit ein paar Urgesteinen. Bären, die so alt waren, dass sie wohl nicht mehr verkauft werden würden.

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8. Türchen – Der Förster

Ein Kranz in dessen Mitte eine 8 steht.Er hasste Winter, Waldspaziergänge und vor allem Weihnachten.
»Und warum bist du dann Förster geworden, wenn du gar nicht gerne draußen bist?«, wird er spätestens an dieser Stelle gefragt.
»Weil das halt so ist. Nicht die Natur nervt, sondern die Menschen, die sie für ihre Zwecke missbrauchen.«
Diese Weisheit ließ er los, wenn es um intellektuelles Gehabe ging. Sonst fragte niemand genauer nach, warum es sich hier um einen Widerspruch handelte. Verhasste Waldspaziergänge und der Beruf des Försters. Das konnte ja nur ein Widerspruch sein. Immer diese Menschen, die genau hinhörten und alles hinterfragen wollten. Mussten sie ihm das Leben denn so schwer machen? Konnten sie nicht einfach leben?

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7. Türchen – Der Freund

Ein Kranz in dessen Mitte eine 7 steht.Ich wusste, dass er nicht kommen würde. Er sagte immer, dass es nichts für ihn war, aber meistens gab er dann doch klein bei. Doch als ich bis nach dem Hauptgang vergeblich auf ihn gewartet hatte, war mir klar, dass ich diesmal vergeblich wartete.

Wo zum Teufel steckte er? Ich hatte ihn schon seit Stunden nicht mehr gesehen. Das letzte Mal hatte er ein kleines Mädchen mit einem Plüschtier im Schlepptau gehabt.
»Woow, bist du Vater geworden?«, fragte ich grinsend als wir uns begegnet waren.
»Halt die…«
Doch er hatte mitten im Fluch abgebrochen und stattdessen geflüstert: «Wir müssen sie nach Hause bringen.»
»Wir?«, entgegnete ich fragend.

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6. Türchen – Die Assistentin

Ein Kranz in dessen Mitte eine 6 steht.»Hey, wo willst du hin? Gleich gibt’s die Überraschung?«, zwinkerte ihr Betty verschwörerisch zu. Dabei wussten beide, dass es wahrscheinlich irgendein nichtssagendes Geschenk der Firma sein würde. Wie jedes Jahr.
»Ich will mir mal kurz die Beine vertreten. Das Essen schaukelt noch so vor sich hin«, lächelte sie.
»Aber geh nicht zu weit weg. Du hast ja gesehen, hier ist echt derbe tote Hose«, meinte Betty und wandte sich nach der Verabschiedung wieder ihrem äußerst charmanten Gegenüber zu. So schnell würde ihr dann wohl doch nicht langweilig werden.

Maria verließ den großen Saal, der voller Menschen war. Alle hatten sie etwas mit der Firma zu tun. Angestellte, Geschäftspartner oder ehemalige, zufriedene Kunden. Und alle hatten sie eines gemeinsam: Sie wollten Weihnachten nicht alleine oder mit ihrer Familie verbringen.

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5. Türchen – Der Taxifahrer

Ein Kranz in dessen Mitte eine 5 steht.

»Du bist verrückt! Du kannst doch nicht an Weihnachten in deinem Taxi sitzen und durch die verdammte Gegend fahren!«
Oh, doch das konnte er. Schließlich feierte er kein Weihnachten. Also keine Kinder, die den ganzen Abend auf ihn warteten, keine Schwiegereltern, die ihm strafende Blicke zuwarfen, wenn er doch endlich zu Hause aufkreuzte. Alles Probleme, die er nicht hatte. Und das war auch gut so.

Nun kurvte er am Weihnachtsabend durch eine verlassene, ruhige Gegend. Eigentlich hatte er damit gerechnet, irgendwelche Partylöwen von Club zu Club fahren zu dürfen. Doch die Singles, die Weihnachten trotzten, hatten wohl ein anderes Taxiunternehmen beauftragt. Und so hatte er die Fahrgäste des heutigen Abends an einer Hand abzählen können. Angefangen bei einer älteren Dame, die gerade aus dem Urlaub gekommen war und Weihnachten gerne in den eigenen vier Wänden verbrachte, bis hin zu einer stummen Frau, die unbedingt in dieser verlassenen Gegend abgesetzt werden wollte.

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4. Türchen – Die Frau

Ein Kranz in dessen Mitte eine 4 steht.Es war mitten in der Nacht. Die Uhr zeigte zwar erst sechs Uhr an, aber es fühlte sich an, als würde die Welt schon längst schlafen. Gedankenverloren strich sie umher. Heute war Weihnachten, das Fest der Liebe.
Liebe… Ja, wenn das mit dem Glücksgefühl und der rosaroten Brille nur so einfach wäre. Vor einem Jahr leuchtete das Rosa noch etwas blass. Aber es war da. Inzwischen war sie von Wolke sieben wieder auf den Boden der Tatsachen angekommen. Er war mittlerweile ausgezogen und hatte eine neue Freundin. Sie hingegen war mit den beiden Kindern zurückgeblieben.

»Lass uns bitte nicht streiten. Der Kinder wegen«, hatte er gefordert, als er ihr verkündete, dass ein neuer Nachwuchs anstehen würde.
Natürlich war es kein Befehl im typischen Sinne. Kein ernster Blick, keine harten Worte. Warum musste sie sich ihm anpassen? Durfte sie sich denn nicht so fühlen, wie sie wollte? Ihr war nun mal nicht nach Patchworkfamilie und Friede-Freude-Eierkuchen. Ihre Ehe war in die Brüche gegangen.

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Leere Herzen

Das Hörbuchcover von "Leere Herzen"
Bild von der Hörverlag

Der Inhalt

Inhaltlich geht es hier ziemlich zur Sache. Britta und Babak, beste Freunde, betreiben eine Agentur. Eine Firma, die assistierten Suizid betreibt. Aber das nicht etwa, indem man den Betroffenen ein tödliches Medikament verschafft. Ihr Tod soll einer Organisation nützen. Und damit diese Organisation gut ausgebildete Leute bekommt, haben Britta und Babak ein Trainingsprogramm entwickelt, das es in sich hat.

Das ist nun der erste Handlungsstrang. Allerdings deutet Juli Zeh hier auch etwas Höheres an. Sie kritisiert nicht nur die momentane politische Lage, die sie aber nur in Ansätzen schildert, sondern wendet sich auch dem Prinzip der Leeren Herzen zu. Britta wirkt emotionslos und kalt. Mit ihrer Familie kann sie nichts anfangen. Sie glaubt, nur mit Gewalt etwas im Leben erreichen zu können. Man könnte fast vermuten, dass sie auch etwas frustriert von der Entwicklung der Welt ist. Dann taucht eine Organisation auf, die Britta auf eine harte Probe stellt: Sie muss nicht nur ihre eigene Firma retten, sondern sich auch überlegen, was sie von ihrem Leben möchte.

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3. Türchen – RumtreiBär

Ein Kranz in dessen Mitte eine 3 steht.Weihnachten ist auch nur ein Tag, wie jeder andere. Morgen benötige ich ebenfalls einen Schlafplatz und etwas zu essen. Irgendwo, wo mich keiner stört. Am liebsten würde ich mich in einem Laden einschließen lassen. Aber meistens fliege ich dann doch auf. Entweder sie erkennen meinen Geruch oder sie gehen bei der letzten Runde zu gründlich vor. Dabei lege ich großen Wert darauf, keinen Ärger zu machen. Sie können ja auch nichts für meine Lage.

»Kommst du morgen auch mit? Es gibt bestimmt wieder gutes Essen?«, wurde ich von meinem Kumpel gefragt.
Wir saßen an einer der Nebeneinkaufsstraßen. Zu abseits um den Polizisten aufzufallen, aber immer noch zentral genug um doch etwas Geld abzweigen zu können. Klauen war nicht unser Stil. Soweit waren wir noch nicht gesunken.

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Lesemarathon Fazit November 2017

Foto: A. Mack

Hallo Buchlinge,
im Dezember ist es hier etwas chaotisch. Zu 99% bekommt ihr nur Adventskalender Geschichten zu lesen. Und aus diesem Grund hat sich der Lesemarathon auch etwas verschoben. Skyara und ich halten wieder die Stellung, während emion und Isona für das große Finale Anfang Januar trainieren. Es wird Buchlinge, es wird…

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