Der Inhalt
Es fällt mir wirklich schwer diesen Inhalt zusammenzufassen, weil ich schnell in eine abenteuerlich, lustig-tragische, aber auch chaotische Handlung hineingezogen wurde.
Beginnen wir dennoch von vorn: Robert Beck wäre lieber Musiker geworden. Stattdessen arbeitet er seit Jahren als unmotivierter Lehrer in einer Schule. Eines Tages entdeckt er Rauli Kantas, einen stillen Außenseiter aus Litauen. Wenn Rauli für sich ist, packt er die Gitarre aus, schreibt Songs und singt.
Beck weiß sofort: Dieser Junge hat Talent und sollte das auch dringend für sich nutzen. Also beschließt er, ihn unter seine Fittiche zu nehmen. Schließlich stand er auch kurz vor einer Musikkarriere und hat Ahnung von dem Business.
Das Ungewöhnliche ist, dass Musik nicht das einzige Thema der Handlung ist. Es geht vor allem um die Frage, was wir aus unserem Leben machen sollen. Ob es gut ist Träumen nachzujagen, oder wir lieber auf sicheren Beinen stehen. Vielleicht lässt sich beides sogar miteinander verbinden.
Obwohl es für mich keine klassische Struktur in der Handlung gab, habe ich das Hörbuch sehr gerne gehört und konnte zum Schluss auch einen Kreis erkennen, der sich inhaltlich schließt. Auch wenn mir das Ende einen Tick zu offen war. Beck und Rauli geraten von einer Situation in die nächste. Manchmal haben sie einen Plan. Manchmal stolpern sie aber auch etwas durch die Handlung, was es gefährlich, aber auch sehr unterhaltsam macht.
Die Figuren
Robert Beck ist die Frustration über sein Leben nur deutlich anzumerken. Er will aus Rauli zwar einen Star machen, ahnt aber nicht, dass der Kontakt dafür sorgt, dass sich Rauli im anvertraut. Hier hadert Beck mit sich. Von den Problemen des Jungen will er eigentlich nichts wissen. Dennoch kann er ihn nicht einfach so im Regen stehen lassen.
Bei Rauli war ich mir nicht sicher, wie ich ihn einschätzen soll. Er wirkt sehr verpeilt, hält Informationen aber bewusst zurück. Dadurch gewann ich den Eindruck, dass er taktisch denkt und genau weiß, wann er welche Information offenbart. Dennoch gab es dann diese Momente, in denen ich glaubte, dass Rauli buchstäblich keinen Plan hat und einfach so durch das Leben stolpert.
Was die Entwicklung der beiden Hauptfiguren betrifft, war die von Robert Beck für mich greifbarer. Obwohl ich das Gefühl hatte, dass er es zwar geschafft hat, etwas im Außen zu verändern, aber sein inneres Chaos dennoch mitgekommen ist.
Die Hörbuchgestaltung
Das Hörbuch wurde im Diogenes Verlag sowohl als CD als auch als Download und zwar ungekürzt produziert. Ich bin sehr froh, dass sich der Verlag für eine ungekürzte Ausgabe entschieden hat. Ich hätte nämlich nicht gewusst, wie man hier hätte Inhalt kürzen können, ohne ins völlige Chaos gestürzt zu werden.
Gelesen wird das Hörbuch von Christian Ulmen, der mit dafür verantwortlich ist, dass ich die Handlung stellenweise einfach nur lustig fand. Er liest schnell, arbeitet die Ironie in Becks Worten gut heraus und transportiert Raulis Ruhelosigkeit. Spannend war für mich zu hören, wie sich Ulmens Interpretation im Laufe der Handlung verändert. Er gibt auch den ruhigen Momenten Raum, liest dann langsamer und auch leiser, nur um einen Moment später wieder mit den Figuren ins Chaos zu stürzen.
Kurzum: Eine wirklich gelungene Hörbuchproduktion!
Der Schreibstil
Als ich zu Becks letzter Sommer griff, erwartete ich eigentlich einen Roman im Stil von Hard Land und musste schnell feststellen, dass ich diese Erwartung schleunigst über Bord werfen müsste. Ich war wirklich sehr beeindruckt davon, wie wandlungsfähig Benedict Wells Schreibstil ist. Während es in Hard Land vor allem um die leisen Töne geht, schreibt er hier laut und nimmt uns mit auf eine abenteuerliche Reise.
Sehr interessant fand ich auch, wie er sich dem Stilmittel des allwissenden Erzählers genähert hat. Lange dachte ich nämlich, dass die Handlung aus Becks Perspektive erzählt wird. Dann meldete sich aber plötzlich eine Stimme aus dem Off, von der wir nie erfahren, wer sie wirklich ist. Beck nennt sie Ben, was vielleicht für Benedict stehen könnte und mich in der Theorie bestärkt, dass die Handlung vielleicht ein Stück wahre Begebenheit mit sich bringen könnte. Schließlich ist es schon etwas ungewöhnlich, dass der Ich-Erzähler und der Autor denselben Vornamen tragen.
Dennoch ist vielleicht auch das das Mysterium der Handlung.
Gesamteindruck
Becks letzter Sommer hat mich positiv überrascht und mich mit auf eine spannende, lustige, aber auch ernste Reise genommen. Wer noch ein gutes Hörbuch für den Sommerurlaub sucht, sollte sich den Titel unbedingt genauer anschauen. Aufgrund Christian Ulmens Interpretation denke ich nämlich, dass das Hörbuch hier im Vergleich zum Buch einen deutlichen Mehrwert mitbringt.
Lieblingszitate
»Eine Weile stand er einfach nur so da und wollte. Dann setzte er sich wieder hin und sah fern.«
(»Becks letzter Sommer« von Benedict Wells, CD 5, Track 2).
Infos zum Hörbuch
Becks letzter Sommer
Geschrieben von: Benedict Wells
Gelesen von: Christian Ulmen
Bewertung: 5 von 5 Herzen
Bei meiner Lieblingsbuchhandlung bestellen.
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