Transatlantik

Das Hörbuchcover von "Transatlantik" dem neunten Band der Gereon-Rath Reihe.
Bild von HörbuchHamburg

Der Inhalt

Bei Transatlantik handelt es sich um den neunten Band einer Reihe. Ich werde inhaltlich nicht spoilern, setze aber das Wissen, insbesondere das Wissen von Olympia (Band 8) für meine Rezension voraus.

Triggerwarnung: Inhaltlich geht es in Transatlantik unter anderem um psychische und körperliche Gewalt.

Der Inhalt von Transatlantik war für mich sehr herausfordernd. Das hatte vor allem damit zu tun, dass die Hauptfiguren der Reihe mit immer größeren Herausforderungen konfrontiert sind, bei denen fast zu befürchten ist, dass es kein gutes Ende nimmt. Außerdem hat Volker Kutscher von den Handlungssträngen her etwas eingebaut, das ich nicht ganz nachvollziehen konnte. Aber beginnen wir von vorne.

Wenn ihr Olympia beendet habt, wird es euch wahrscheinlich ähnlich ergangen sein wie mir. Wir sind mit der großen Frage zurückgeblieben, ob Gereon Rath den Brand der Hindenburg wirklich überlebt hat. Die Frage beantwortet Volker Kutscher natürlich nicht sofort.

Stattdessen finden wir in Transatlantik heraus, dass es eine Verschiebung der Hauptfiguren gibt. Während die letzten Bände vor allem aus den Perspektiven von Gereon Rath, Charly Rath und deren ehemaligen Pflegesohn Fritze erzählt wurden, lernen wir hier erstmals Andreas Lange, einen ehemaligen Kollegen von Gereon Rath kennen. Er hat nicht nur Raths Posten, sondern auch Raths Büro geerbt. Er sieht sich bald einem Fall konfrontiert, in den auch Raths Frau Charlotte Rath verwickelt ist.

Volker Kutscher hat es im Rahmen der Frankfurter Buchmesse erzählt. Transatlantik knüpft inhaltlich nicht nach Olympia an, sondern setzt im Grunde zu Zeiten des Prologes ein, den wir in Olympia hören. Das hat mich sehr genervt, weil diese inhaltliche Veränderung für mich keinen Sinn ergeben hat. Auch nicht, als ich den Titel beendet habe. Stattdessen habe ich mich gefragt, warum Kutscher hier inhaltlich einen Schritt zurückgeht. Es dauert bis zur zweiten CD bis wir bei Transatlantik bezogen auf Gereon Rath auf dem Stand von Olympia sind. Das hat mir zu lang gedauert.

Was mich hingegen sehr beeindruckt hat war Fritzes Figurenentwicklung. Vielleicht erinnert ihr euch noch an den Jungen, der kein Interesse an Beziehung hatte und es gewohnt war, für sich selbst zu sorgen. Nun ist er in die Fänge der Behörden geraten, die zu Zeiten des aufkommenden Nationalsozialismus große Schwierigkeiten mit Leuten haben, die sich nicht in die neue Ideologie einfügen wollen.

Fritze bekommt in Transatlantik nicht nur Steine, sondern ganze Berge in den Weg gelegt. Oft habe ich mich gefragt, wie er nur aus der ein oder anderen Situation entkommen kann. Ich habe seinen Mut und seinen Überlebenswillen bewundert und hoffe wirklich, dass es im letzten Band der Reihe ein gutes Ende mit ihm nimmt.

Womit ich in Transatlantik meine Schwierigkeiten hatte waren die Themen. An erster Stelle natürlich die körperliche und psychische Gewalt der manche Figuren ausgesetzt sind und aus der es erst einmal kein Entkommen gibt. Das war für mich nur schwer zu ertragen.

Außerdem hatte ich in Transatlantik den Eindruck, dass sich die Handlung teilweise auf der Stelle bewegt und es eher rückwärts als vorwärts ging. Ein Handlungsstrang langweilte mich, weil ich dessen Bedeutung nicht verstand. Normalerweise habe ich am Ende der Handlung immer einen großen Aha-Effekt, weil Volker Kutscher alle Fäden wieder zusammenführt und alles einen Sinn ergibt. Hier hingegen glaube ich, dass ich mich bis zum letzten Band gedulden muss.

Obwohl ich sehr mit dem Inhalt zu kämpfen hatte, hat es Volker Kutscher geschafft, einen Handlungsstrang abzurunden und die Weichen für das große Finale zu stellen. Am Ende schließt sich ein Kreis und ich bleibe sehr neugierig auf das große Finale der Reihe zurück.

Die Hörbuchgestaltung

Transatlantik ist im HörbuchHamburg Verlag und zwar im Label Osterworld Audio erschienen. Das Hörbuch gibt es sowohl als gekürzte Ausgabe im Buchhandel, sowohl als Download als auch als CD, sowie ungekürzt exklusiv bei Audible. Soweit ich es überblicke unterscheiden sich die gekürzte und die ungekürzte Version in der Laufzeit von 2-3 Stunden. Es kommt wirklich selten vor, dass ich mich für eine gekürzte Fassung ausspreche, aber diesmal glaube ich nicht, dass mir wichtige Szenen verloren gegangen sind.

Wie auch die vorherigen Bände ist Transatlantik bei mir wieder als CD eingezogen. Das Hörbuch befindet sich in einer schönen Digifile Hülle.
Interessant finde ich: Seit die Titel im HörbuchHamburg Verlag erscheinen, habe ich den Eindruck, dass die Digifiles nicht mehr so flach sind, wie beim Argon Verlag.

David Nathan ist als Sprecher wieder mit an Bord. Bei Sprecher*innen von Reihen habe ich bei einem neuen Band der Reihe immer ein bisschen das Gefühl wieder nach Hause zu kommen. Ich weiß wie die Interpretation klingt, kenne die Stimmen der Haupt- und Nebenfiguren und freue mich dadurch auf ein Wiederhören.

David Nathan hat es geschafft die Atmosphäre von Transatlantik in Worte zu fassen. Es wird düster und bedrückend. Dennoch hat er die Handlung nicht zum Drama werden lassen, sondern die Dynamik der Handlung in Worte fassen können. Oft habe ich mich gefragt, ob er bei den Aufnahmen nicht auch den Kopf schütteln musste, wenn Antagonisten wieder ihr Unwesen treiben und unseren Figuren das Leben schwer machen.

Der Schreibstil

Was mich wieder einmal beeindruckt hat war wie Volker Kutscher Fiktion und Realität geschickt miteinander verbindet. Was mir in Transatlantik bewusst wurde war, wie durchdacht die Nazis bei ihrer Machtübernahme vorgegangen sind. So beschreibt Kutscher beispielsweise wie eine Woche lang für den Fall eines Luftangriffes geübt wird: Leute sollen in Luftschutzkeller, die Fenster von Wohnungen und Häuser sollen abgedunkelt werden. Alles Maßnahmen von denen die wenigsten Menschen gedacht hätten, dass sie sie schon sehr bald brauchen werden.

Schon in meiner Rezension von Olympia habe ich kritisiert, dass Gewalt eine sehr große Rolle spielt. Natürlich liegt das daran, dass die Nationalsozialisten immer mehr an Macht gewinnen. Einerseits gehört Gewalt, egal ob körperliche oder psychische, somit zwangsläufig mit dazu. Andererseits frage ich mich, ob Kutscher die Gewalt so detailliert beschreiben muss, und ob er hier und da nicht auch mit Andeutungen arbeiten könnte, weil wir uns den Rest im Grunde denken können.

Gesamteindruck

Transatlantik zeigt wie sehr unsere Figuren der Diktatur der Nationalsozialisten ausgesetzt sind und wie sie versuchen, sich nach ihren Möglichkeiten dagegen zu wehren und Lücken im System zu suchen.
Erschreckend ist wie gut Volker Kutscher die Entwicklung hin zur Diktatur beschreibt. Ich bin sehr gespannt, wie er die Reihe im letzten Band zum Abschluss bringen wird.

Infos zum Hörbuch

Transatlantik – der neunte Rath Roman
Geschrieben von: Volker Kutscher
Es liest: David Nathan.
Bewertung: 4 von 5 Herzen. .

Bei meiner Lieblingsbuchhandlung bestellen.

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Rezensionen zu weiteren Bänden:

Der nasse Fisch* (Band 1)
Der stumme Tod (Band 2)
Goldstein (Band 3)
Die Akte Vaterland (Band 4)
Märzgefallene* (Band 5)
Lunapark (Band 6)
Marlow (Band 7)
Olympia (Band 8)

Romane im Rath Universum:

Moabit*
Mitte

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