Lästige Liebe

Das Hörbuchcover von "Lästige Liebe"
Bild von der Hörverlag

Der Inhalt

Der Titel und der Klappentext von Lästige Liebe könnten darauf schließen lassen, dass sich Elena Ferrante hier an einem Krimi versucht. Die Mutter unserer Protagonistin Delia ertrank. Und kurz vor ihrem Tod bekam Delia ein paar merkwürdige Anrufe von ihrer Mutter. Da stellt sich die Frage: Beging Delias Mutter Suizid oder wurde sie vielleicht sogar ertränkt?

Delia begibt sich auf eine Reise in ihre Vergangenheit auf der Suche nach ihrer Herkunft und der Antwort auf die Frage, was für ein Mensch ihre Mutter war. Und dabei macht sie eine erschreckende Entdeckung.

Lästige Liebe erzählt von zwei Hauptfiguren. Zum einen wird die Geschichte aus der Sicht von Ich-Erzählerin Delia erzählt. Diese lässt uns aber an den Erinnerungen über ihre Mutter teilhaben und bezieht auch andere Personen, die viel Zeit mit Amalia verbracht haben, in ihre Erzählungen mit ein.
Nach und nach wird deutlich, dass Mutter und Tochter viele Jahre in Angst lebten und die Lücken im System nutzten, um sich zu entfalten und für wenige Momente frei zu sein.

Delia liebt inzwischen ihr selbstbestimmtes Leben und kann mit ihrer Heimat nicht mehr viel anfangen. Doch nach und nach wird ihr bewusst, dass sie nicht weiß, wie viel von ihrer Mutter wirklich in ihr steckt.

Elena Ferrante verarbeitet in Lästige Liebe ähnliche Themen, wie in der neapo-litanischen Saga. Delia merkt, dass sie ihre Mutter kaum bändigen kann. Und genau das macht ihr Angst, weil sie nicht weiß, was ihre Mutter als Nächstes im Schilde führt.
In der neapolitanischen Saga begegnen wir der angepassten Ich-Erzählerin Elena, die eine extrovertierte beste Freundin, nämlich Lila hat. Und in der neapolitanischen Saga geht es immer wieder darum, dass sich Elena nicht von Lila vereinnahmen lässt.

Außerdem greift Elena Ferrante in Lästige Liebe wieder das Merkmal der Sprache auf: Delia hat den Dialekt abgelegt, den sie seit ihrer Kindheit kennt und früher gesprochen hat. Sie kann mit ihren Wurzeln nicht mehr viel anfangen und kann sich so sprachlich von ihrer Heimat abgrenzen. Auch in der neapolitanischen Saga war Sprache ein großes Thema. Das Italienisch, welches haupt-sächlich von den Gebildeten gesprochen wurde.

Leider fehlte mir in Lästige Liebe der Spannungsbogen. Das lag hauptsächlich daran, dass Elena Ferrante in ihrem Schreibstil für mich nicht erkennbar konkret wird und sich daher viel verbaut hat. So gab es beispielsweise unerwartete Szenenwechsel, die bei mir erst einmal für Orientierungslosigkeit sorgten.

Außerdem war mir unklar, wie viel Delia wirklich erlebt hat oder wie viel sich in Delias Fantasie abspielte. Das verwirrte mich zunehmend, weil mich das auch an der Glaubwürdigkeit unserer Protagonistin zweifeln ließ. Während man in anderen Spannungsromanen zunehmend an Spannung aufbaut, in dem die Protagonisten immer mehr Indizien sammeln, um das Rätsel zu lösen, bekommt Delia hier eine Eingebung nach der anderen. Und zwar wird sie hier mit Erkenntnissen überschüttet, die sie eigentlich gar nicht haben kann, weil ihr die Informationen fehlten. Hier fehlte mir die Entwicklung unserer Protagonistin.

Der Schreibstil

Allerdings gab es auch Elemente an Elena Ferrantes Schreibstil, die mir vertraut waren und mir das Gefühl von Zuhause gaben, wie beispielsweise die bereits die Auseinandersetzung mit bereits bekannten Themen und Elena Ferrantes Art, eine Geschichte zu erzählen. Obwohl sie in diesem Genre eher ungeeignet war.

Die Hörbuchgestaltung

Kommen wir aber nun zur Hörbuchgestaltung: Der Hörverlag hat Lästige Liebe ungekürzt produziert. Und das zeigt uns auch, dass die Geschichte um einiges kürzer ist, als die neapolitanische Saga. So hat die Geschichte nämlich eine Laufzeit von ca. fünf Stunden.

Was mich besonders freute ist, dass es für uns hier ein Wiederhören mit Eva Mattes gibt. Sie erzählte uns bereits die Geschichte von Elena und Lila. Und vielleicht trug das auch dazu bei, dass ich nur darauf wartete, dass Charaktere aus der neapolitanischen Saga kurz durchs virtuelle Bild huschten.
Eva Mattes hat die Geschichte gut transportiert und auch diese Irrungen und Wirrungen gut dargestellt, allerdings so gut, dass mir trotzdem nicht klar war, welche Perspektive jetzt stimmt und die Verwirrung anhielt, aber vielleicht sollte das auch genauso sein.

Gesamteindruck

Kleinlaut muss ich gestehen, dass mich Lästige Liebe etwas enttäuscht zurücklässt. Ich habe mich unglaublich gefreut wieder mit Elena Ferrante und Eva Mattes nach Italien reisen zu können. Ich hoffte auf eine spannende Geschichte, mit tiefgründigen Charakteren und einer interessanten Thematik. Stattdessen liefert Elena Ferrante hier Ansätze, führt diese aber nicht konsequent zu Ende.

Infos zum Hörbuch

Lästige Liebe
Geschrieben von: Elena Ferrante
Gelesen von: Eva Mattes
Bewertung: 2 von 5 Herzen

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7 Gedanken zu „Lästige Liebe“

  1. Hallo Emma 🙂

    Ich dachte, ich schaue mal wieder vorbei und gucke, ob du neue Hörbuchempfehlungen hast 🙂 Der Name Elena Ferrante ist mir bislang schon auf vielen Print-Covern begegnet, gelesen habe ich aber bislang noch keines ihrer Bücher, weil ich nicht sicher bin, ob ihre Erzählungen etwas für mich sind. Normalerweise bin ich eher in anderen Genres unterwegs.

    Schade, dass dich dieses Hörbuch nicht überzeugen konnte, aber ich finde deine Kritik gut begründet und nachvollziehbar. Ein Krimi, in dem die Spannung fehlt, könnte mich wahrscheinlich auch nur mässig begeistern. Und von spontanen, ganz "zufälligen" Eingebungen, die zum Lösen eines Falls führen, halte ich auch nicht so viel ;D

    Falls ich es also jemals mit einem (Hör-)Buch der Autorin versuchen sollte, dann wahrscheinlich nicht mit diesem hier. Ich danke aber für die ehrliche Rezension, so etwas schätze ich immer sehr und dadurch bleibt mir hoffentlich eine Enttäuschung erspart.

    Liebe Grüsse
    Mel

    Antworten
  2. Liebe Mel,

    vielen Dank fürs vorbeischauen.
    Wenn Du mal etwas von Elena Ferrante lesen oder hören möchtest, empfehle ich Dir die neapolitanische Saga, die mit "Meine geniale Freundin" beginnt. Da geht es wie oben in der REzension schon angedeutet, um die beiden Freundinnen Elena und Lila. Elena hat das Glück weiterhin zur Schule gehen zu dürfen und Lila muss die Schule nach der Grundschule verlassen und arbeiten. Und es ist spannend zu sehen, wie sich beide Protagonistinnen im Laufe der Reihe entwickeln. Am Anfang braucht man einen etwas längeren Atem, weil die erste Hälfte des Buches von ihrer Kindheit handelt und es da viel um "Wettkämpfe" geht. Das fand ich hier und da etwas anstrengend.

    viele Grüße und einen schönen Sonntag wünscht

    Emma

    Antworten
  3. Jetzt wo du das Buch erwähnst: Ich glaube "Meine geniale Freundin" war genau das, das mir überall begegnet ist. Danke für den Tipp! Ich schau gleich mal, ob es das Buch als Hörbuch auf meiner Hörbuchseite gibt 🙂 Hat das Buch denn einen autobiografischen Anteil oder wie kommt's, dass eine der Protagonistinnen denselben Namen wie die Autorin hat? 😀

    Ich wünsche dir auch einen schönen Sonntag 🙂

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  4. Hey Mel,

    das kann gut sein, dass es das Buch war, da der Autorin mit dieser Reihe international der Durchbruch gelungen ist. (Glaube ich zumindest).
    Ob es tatsächlich einen autobiografischen Hintergrund hat, wurde meines Wissens nach, nicht offiziell bestätigt. Aber je weiter man mit der Reihe vorankommt, desto mehr Parallelen gibt es zwischen der Protagonistin Elena und der Autorin. Zumindest kommt es mir so vor. Demnächst erscheint beim Hörverlag auch eine Art Textsammlung mit dem Material, das es von und über Elena Ferrante bereits gibt. Da bin ich sehr gespannt, ob wir da mehr darüber erfahren, wie die neapolitanische Saga entstanden ist.

    viele Grüße

    Emma

    Antworten
  5. Hallo,
    Dieses Hörbuch habe ich in der Bücherei vorgemerkt.
    Jetzt bin ich gerade froh, dass es nicht so lang ist…
    Allerdings kann Eva Mattes mir nach meiner Erfahrung über einiges hinweghelfen, wenn sie ein Hörbuch liest. Sie ist einfach toll!
    Ich mache mir einfach ein eigenes Bild und bin gespannt, wie es mir gefällt.
    Alles Gute
    Silvia
    #litnetzwerk

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  6. Hey Silvia,

    ach, Mann, das ist ja ärgerlich, dass Du Dir das Hörbuch bereits vorbestellt hast. Ich drücke Dir die Daumen, dass Dir die Geschichte besser gefällt.
    Eva Mattes hat mich hier auch wirklich gerettet. Ich mag ihre Interpretation. Sie hat mir auch schon bei Elena Ferrantes neapolitanischen Saga gefallen.
    "Lästige Liebe" hat definitiv interessante Elemente, aber wahrscheinlich waren meine Erwartungen an die Geschichte einfach zu groß.

    viele Grüße

    Emma

    Antworten
  7. Liebe Emma

    Vielen Dank für die Erläuterung. Ich hätte es sonst vermutlich etwas seltsam gefunden, wenn die Protagonistin denselben Namen wie die Autorin trägt, aber die beiden sonst nichts gemeinsam miteinander teilen 😀 Ich werde mir das Buch auf jeden Fall mal genauer ansehen, weil ich schon viel Positives darüber gehört habe 🙂

    Antworten

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