Ein ganzes Herz voll Weihnachten

Das Hörbuchcover der Anthologie "Ein ganzes Herz voll Weihnachten"
Bild von Argon Verlag

Die Geschichten

Da es sich bei Ein ganzes Herz voll Weihnachten um eine anthologie handelt, also eine Sammlung von Kurzgeschichten verschiedener Autor*innen, ist diese Rezension etwas anders aufgebaut. Die Aufgabe für Autor*innen besteht darin, eine Kurzgeschichte zu schreiben, die zu einem bestimmten Thema passt oder eben bestimmte Kriterien erfüllen muss. Einen klasssichen roten Faden erlebe ich bei Anthologien selten. Jede Geschichte steht für sich. Was alle Geschichten gemeinsam haben: Am Ende erwartet euch ein weihnachtliches Rezept.

Da ihr die Anthologie selbst hören sollt, werde ich nicht zu jeder Geschichte etwas schreiben, sondern euch an dieser Stelle von meinen Lieblingsgeschichten erzählen:

Ein Koffer voller Weihnachten von Julie Caplin

Zwei vertauschte Koffer bringen zwei Menschen zusammen, die froh über eine Abwechslung sind. Was mir an der Kurzgeschichte gut gefällt ist vor allem Julie Caplins Schreibstil. Die Geschichte wird hauptsächlich durch Dialoge erzählt.
An der Handlung zeigt sich, wie ein kleiner Zufall das Leben von zwei Menschen verändert. Caplin schafft es, uns die Figuren in etwas über einer halben Stunde nahezubringen. Außerdem liefert sie zum Schluss noch ein interessantes Rezept.

Der Geschmack von Pfeffernüssen von Rebekka Eder

Ein Mädchen, das gerne Pfeffernüsse backen möchte und unerwartete Hilfe bei der Umsetzung ihres Plans bekommt.
Dank dieser Kurzgeschichte habe ich zwei Dinge gelernt:
Zum einen zeigt uns Rebekka Eder wie wichtig Gemeinschaft ist. Unsere Hauptfigur ist nicht in der Lage, ihren Plan, Pfeffernüsse zu backen, allein umzusetzen. Sie ist auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen.

Zum anderen wird deutlich, wie wichtig es ist, Probleme nicht mit sich allein auszumachen, sondern nach Lösungen zu suchen. Mögen sie auch noch so ungewöhnlich sein. Nur, wenn wir in Bewegung bleiben, kann sich etwas an unserer Situation verändern.

Wie sollte es anders sein, bekommen wir am Ende dieser Kurzgeschichte ein Pfeffernüsse Rezept.

P.S. Frohe Weihnachten von Kira Mohn

Diejenigen unter euch, die viel auf Social Media verteten sind, kennen es vielleicht: Es ist Weihnachten und die Tage mit der lieben, aber manchmal auch schrecklichen Familie beginnen. Immer wieder begegneten mir auf Social Media Postings von Menschen, die überall sein wollen. Nur eben nicht auf der Weihnachtsfeier mit der eigenen Familie. Ich fragte mich oft, warum sie nicht zu sich stehen, dem Schauspiel ein Ende machten und die Weihnachtsfeiertage so verbringen, wie sie wollen.

Genau davon erzählt diese Kurzgeschichte.
Kira Mohn lässt ihre Hauptfigur eine tolle Entwicklung durchleben und zeigt, was entstehen kann, wenn ein unguter Kreislauf durchbrochen wird.

Haileys allerschönstes Weihnachtsgeschenk von Kelly Moran

Auch Inklusion spielt in dieser Anthologie eine Rolle. Kelly Moran erzählt uns nämlich, wie ein autistisches Mädchen Weihnachten feiert und was ihre größte Freude an Weihnachten ist.
Moran gelingt es uns an dem Alltag unserer Hauptfigur teilhaben zu lassen und uns somit eine Perspektive näherzubringen, die uns sonst verborgen bleibt.

Allerdings hatte ich mit einigen Kurzgeschichten auch etwas Mühe. Das lag daran, dass es sich um Kurzgeschichten von bereits bestehenden Buchreihen handelte.

Für diejenigen unter euch, welche die Buchreihen bereits kennen, ist es bestimmt schön, von vertrauten Figuren zu hören und noch einmal ein bisschen Zeit mit ihnen verbringen zu können. Ich hingegen kannte die Buchreihen nicht und fühlte mich von den vielen Informationen in den Kurzgeschichten erschlagen, weil gefühlt der ganze Inhalt der Reihe in einer Kurzgeschichte untergebracht werden sollte.

Was ich hier stilistisch geschickter gefunden hätte, wäre, wenn wir in eine Szene geworfen werden und neugierig auf die Reihe gemacht worden wäre. Das hätte beispielsweise mit Andeutungen oder Konflikten funktioniert. Ich hätte mich gefragt, warum eine Figur so reagiert, wie sie reagiert. Stattdessen lernte ich sehr viele Figuren kenenn und bekam ihre Geschichten präsentiert, anstatt sie entdecken zu können.

Die Hörbuchgestaltung

Das Hörbuch wurde ungekürzt aber ausschließlich als Download im Argon Verlag produziert und ist bereits im vergangenen Jahr erschienen.
was die Gestaltung betrifft, gab es hier eine große Herausforderung: Da die Kurzgeschichten von unterschiedlichen Autor*innen stammen, stellte sich die Frage, wie die Sprecher*innen ausgewählt werden sollen. Bei Romanen deren Inhalt aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, entscheiden sich Verlage meist dafür, dass die verschiedenen Perspektiven von unterschiedlichen Personen gelesen werden. Jedoch ist das auch mit hohen finanziellen Ausgaben verbunden. Schließlich möchten alle Hörbuchsprechende auch eine Gage.

Der Argon Verlag hingegen besetzte das Hörbuch mit Tanja Fornaro, die ich vor allem als Sprecherin von historischen Romanen kennenlernen durfte. Ich war zu Beginn etwas misstrauisch, ob das Konzept “Eine Sprecherin für viele Kurzgeschichten” funktionieren würde. Schließlich befürchtete ich, dass alle Geschichten irgendwie gleich klingen.

Da hatte ich meine Rechnung aber ohne Tanja Fornaro gemacht. Sie hat vor allem durch ihre Betonung und ihre Lesegeschwindigkeit dafür gesorgt, dass die Atmosphäre von jeder Geschichte zur Geltung kommt. So ging die eigene Note der jeweiligen Kurzgeschichte nicht verloren.

Der Schreibstil

Obwohl ich mich inhaltlich von einigen Geschichten erschlagen fühlte, bietet die Anthologie eine gute Möglichkeit den Schreibstil verschiedener Autor*innen kennenzulernen. Es ist im Grunde wie bei einem Festival: Hier hören wir viele Bands innerhalb kurzer Zeit und können dann entscheiden, von welcher Band wir ein vollständiges Konzert besuchen wollen.

Durch die Art der Autor*innen ihre Geschichten zu erzählen, finden wir heraus, ob uns der Schreibstil oder die Art liegt, uns Figuren näherzubringen. Ich bin froh einige Autor*innen dank dieser Anthologie entdeckt zu haben.

Gesamteindruck

Wenn ihr auf der Suche nach etwas Weihnachtsstimmung seid, kann ich euch die Anthologie sehr empfehlen. Auch wenn einige Kurzgeschichten ernste Themen ansprechen, bleibt die Atmosphäre angenehm und wir werden nicht mit einer unguten Stimmung allein gelassen. Hier geht es nicht darum, Weihnachten ins Lächerliche zu ziehen, oder über das Fest der Liebe zu lästern, sondern eine Perspektive darauf zu bieten, wie die eigene Liebe zu Weihnachten entdeckt werden kann.

Infos zum Hörbuch

Ein ganzes Herz voll Weihnachten
Herausgegeben von: Lea Daume
Mit Kurzgeschichten von u.a.: Manuela Inusa, Katharina Herzog, Miriam Georg, Julie Caplin, Rebekka Eder, Kelly Moran.
Es liest: Tanja Fornaro.
Bewertung: 3 von 5 Herzen

Bei meiner Lieblingsbuchhandlung bestellen.

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Dieses Hörbuch wurde mir als Rezensionsexemplar vom Argon Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt.

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