Mein bester letzter Sommer

Das Cover von "Mein bester letzter Sommer"
Bild von audible

Der Inhalt

Als ich den Roman zum ersten Mal gelesen habe, war ich ziemlich begeistert von der Geschichte. Inzwischen sind ein paar Jahre vergangen und ich war ziemlich neugierig darauf, ob mich Mein bester letzter Sommer noch einmal packen konnte.

Der Inhalt ist alles andere als leicht zu verdauen. Er bringt nämlich schwere Themen mit sich: Tessa wird bald sterben. Sie hat eine seltene Krankheit und wird wahrscheinlich nur noch wenige Wochen leben. Also zieht sie sich immer mehr zurück, verlässt nur noch selten ihr Zimmer und wartet auf den Tod. Doch als Oskar in ihr Leben tritt, ändert sich für sie auf einen Schlag alles.

Anne Freytag hat sich in ihrem Jugendbuch-Debüt gleich zwei schwierigen Themen gewidmet: Tod und Krankheit. Themen, vor denen viele Menschen gerne davon laufen. Dennoch finde ich es wichtig, genau diese Themen in Jugendbüchern anzusprechen, da wir uns alle früher oder später mit diesen Themen auseinandersetzen müssen.

Dieser Roman lebt vor allem von dem, was zwischen den Figuren und manchmal auch zwischen den Zeilen passiert. Hier braucht es keine actionreiche Handlung, in der wir von einem Schauplatz zum nächsten rennen. Die Themen, die hier angesprochen werden, bieten genug Möglichkeiten zum nachdenken und diskutieren.

Mit Tessa lernen wir eine ziemlich ehrliche Protagonistin kennen. Sie hält ihre Gefühle nicht zurück, obwohl sie ahnt, dass sie damit Menschen verletzt. Menschen, die ihr eigentlich wichtig sind. Was mir besonders gut gefallen hat ist, dass wir durch Tessa erleben, wie sie mit ihrer Erkrankung umgeht. Wir erleben sie in einer Mischung aus Verdrängung, Akzeptanz oder manchmal auch Resignation, weil sie genau weiß, dass ihr nur noch wenige Wochen bleiben.

Besonders gut herausgearbeitet war Tessas Entwicklung. Wie sie von der verschlossenen Person zu einer Frau wird, die es schafft, Menschen an sich heranzulassen.

Einzig und allein über Tessas Motvation, also dem, was sie sich vom Leben wünscht, lässt sich streiten. Hier könnte man anführen, dass diese Motivation oberflächlich ist und es eigentlich darum geht, andere Werte zu vermitteln. Grundsätzlich kann ich dieses Argument gut nachvollziehen.
Allerdings sind es manchmal die banalen Wünsche, die für den inneren Frieden sorgen können. Das sollte an dieser Stelle nicht vergessen werden.

Obwohl Tessa im Mittelpunkt der Geschichte steht, lernen wir auch Oskars Geschichte kennen. Er hat es ebenfalls nicht leicht. Doch im Gegensatz zu Tessa sind seine Schwächen nur auf den zweiten Blick sichtbar. Figuren wie Oskar zeigen, dass man zwar nach außen hin stabil wirken kann, aber das die Fassade sehr leicht bröckelt.

Ihr könnt es vielleicht schon erahnen: In diesem Hörbuch erwartet uns auch eine Liebesgeschichte, deren Details ich tatsächlich völlig vergessen hatte. Ich muss zugeben, dass mir die Liebesgeschichte Mühe bereitet hat. Ich kann nachvollziehen, dass sie für die Handlung und mit Sicherheit auch für Jugendliche wichtig ist. Zudem sorgt Liebe auch dafür, dass sich Tessa überhaupt verändern kann. Das zeigt wieder, wie mächtig Liebe ist.

Dennoch fand ich die anderen Themen interessanter. Mir hätte es auch gereicht, wenn Tessa und Oskar befreundet gewesen wären und eher eine Art Seelenverwandtschaft zwischen den beiden entstanden wäre.

Die Hörbuchgestaltung

Die Hörbuchgestaltung hat mir sehr gut gefallen. Zuerst fand ich es etwas schade, dass dieses Hörbuch von Audible produziert wurde. Ich habe immer noch Mühe, Audible als Verlag zu akzeptieren. Zudem sind die Audible Produktionen eben nur über Audible verfügbar. Das heißt, wer kein Konto hat bzw. über ein Abo verfügt, kann die Produktionen nicht hören. Da es in der Verlagsgruppe RandomHouse aber vier Hörbuchverlage gibt, die diesen Titel hätten produzieren können, bin ich froh, dass Audible zugegriffen hat.

Das Hörbuch wurde ungekürzt produziert und wird von Judith Mauthe, in der Rolle von Tessa, und Elmar Börger in der Rolle von Oskar gelesen.

Judith Mauthes Interpretation hat mir unglaublich gut gefallen. Sie hat mir die Stimmung in mein Zimmer gebracht, die ich beim ersten Mal lesen empfunden habe. Außerdem hat sie es geschafft, die Atmosphäre der Handlung zu transportieren, ohne, dass wir vor lauter Trauer erschlagen werden. Dennoch ist die Ernsthaftigkeit in Mauthes Interpretation nicht verloren gegangen.
Elmar Börger hat mir ebenfalls sehr gut gefallen, weil er es schafft, Oskars Geschichte in Worte zu fassen.

Der Schreibstil

Beim ersten Mal lesen hat mich Anne Freytag vor allem durch ihren Schreibstil beeindruckt. Als ich dann zum Hörbuch gegriffen habe, wusste ich nach wenigen Minuten warum mir dieser Roman so gut gefällt. (Dennoch habe ich keine Ahnung, ob ich die richtigen Worte dafür finde).

Sie schafft es nicht nur Inhalt zwischen den Zeilen zu erzählen, sondern das Wesentliche der Handlung gekonnt herauszuarbeiten.

Besonders gut gefallen haben mir die Dialoge zwischen den Figuren. Hier benennt die Autorin Themen, die oft unausgesprochen bleiben.

Gesamteindruck

Mein bester letzter Sommer ist ein bewegendes Jugendbuch, das ich euch sehr empfehlen kann. Es erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die versucht, sich dem Tod zu stellen. Allerdings ist es keine Lektüre für zwischendurch, sondern ein Hörbuch, das ihr vermutlich hören solltet, wenn ihr einigermaßen stabil seid. Aber vielleicht gibt es auch diejenigen unter euch, die sich in der Geschichte wiederfinden und vielleicht ein bisschen verstanden fühlen.

Infos zum Hörbuch

Mein bester letzter Sommer
Geschrieben von: Anne Freytag
Gelesen von: Judith Mauthe, Elmar Börger
Bewertung: 4 von 5 Herzen

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4 Gedanken zu „Mein bester letzter Sommer“

  1. Hallo Emma 🙂

    eine sehr schöne, ausführliche Rezi. Wenn ich das Buch nicht gerade lesen würde, hätte ich spätestens JETZT noch mehr Lust darauf 🙂

    Wie ich dir ja schon öfter geschrieben habe, bin ich nicht so der Typ, der bei Büchern weint. Aber sehr nachdenklich macht es auf alle Fälle. Es ist mir mehr als einmal passiert, dass ich beim Lesen nach einem Kapitel gedankenversunken in die Luft schaue und vor meinem inneren Auge mir vorstelle, wie ich in der einen oder anderen Situtation reagieren würde.

    Für mich persönlich würde ich mir aber weder wünschen, an Tessas, noch an Oskars Stelle zu stehen.

    Liebe Grüße
    Martin

    Antworten
  2. Hallo Martin,
    vielen Dank für deine positive Rückmeldung und das retweeden (?) bei Twitter :-).
    Es freut mich sehr, dass dir die Rezension gefallen hat. Ich finde es immer schwierig, Bücher zu rezensieren, die mir besonders am Herzen liegen. Ich hab dann immer das Gefühl, dass ich doch die Hälfte vergesse und meine Begeisterung für das Buch nicht bis zu den Lesern durchdringt.

    Wahrscheinlich beschäftigt mich die Geschichte auch nur so sehr, weil ich selbst Menschen kenne, die es ähnlich wie Tessa, nicht gerade leicht im Leben haben. Deswegen finde ich einige Aspekte der Geschichte wirklich gut beschrieben und dachte mir beim lesen oft: "Ja! Genau das ist es."

    Ich freue mich schon auf deinen Blogbeitrag zum Buch.
    viele Grüße
    Emma

    Antworten
  3. Hi Emma 🙂

    also ich habe deine Begeisterung gespürt. Und ich finde es am Bloggen gerade gut, dass wir über Bücher, die uns am Herzen liegen, tolle Sachen schreiben können.
    Manche Leser schreiben dann, dass man ja jedes Buch gut bewertet und kaum mal negative Dinge anmerkt. Dabei finde ich nicht, dass es unser Auftrag ist, negative Seiten zu suchen. Ich les doch kein Buch (z. B. von Anne Freytag), wenn ich sie gar nicht leiden kann und schon weiß, dass es mir eh nicht gefällt. Klar, Enttäuschungen kann man trotzdem mal erleben, aber ein großer Teil ist eben Freude und Begeisterung. Und bei diesem Buch ohnehin 🙂

    LG
    Martin

    Antworten
  4. Hallo Martin,
    ja über die Themen "Kritik an Büchern" oder allgemein "Rezensionsexemplare" ist schon viel diskutiert worden. Da könnte man Bücher drüber schreiben :-). Ich denke mir, dass Kritik eine wichtige Sache ist. Es ist nur eine Frage, wie man sie transporitert. Aber das wär jetzt echt genügend Diskussionsstoff für einen neuen Beitrag 🙂
    viele Grüße
    Emma

    Antworten

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