Vier Tipps für ein erfolgreiches Studium mit Behinderung – Tipp 2: Organisation ist alles

Zwei Personen, die als Silhouetten dargestellt sind, besteigen einen Berg und helfen sich dabei gegenseitig.
Bild von: Emma Zecka

Hallo zusammen,

letzten Sonntag habe ich bereits damit begonnen euch den ersten Tipp für ein hoffentlich erfolgreiches Studium mit Behinderung zu verraten.

Heute kommen wir zum zweiten Teil nämlich der Sache mit der Organisation. Bevor es losgeht, möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass diese Tipps nicht in Stein gemeißelt sind.

Es kann sein, dass sie euch weiterhelfen, es kann aber auch genauso gut vorkommen, dass ihr euch überhaupt nicht darin wiedererkennt.

Ich freue mich jedenfalls, wenn wir in den Kommentaren miteinander ins Gespräch kommen und ihr von euren Erfahrungen im Studium erzählt.

Tipp 2:  Die Sache mit der Organisation

Organisation ist an sich eine clevere Sache. Allerdings ist das auch leichter gesagt als getan. Je nachdem, was ihr studiert, ist es wichtig, dass ihr euch schnell gut organisiert. Sonst könnte die Gefahr bestehen, dass ihr früher oder später vor einem Berg voll Arbeit steht und nicht mehr weiter wisst.

Bei der Organisation solltet ihr euch vor allem auf die Beschaffung von Fachliteratur und die Beantragung von Hilfsmitteln konzentrieren, die euch das Leben erleichtern können.

Literaturbeschaffung

In manchen Studiengängen wird ganz viel gelesen. Blinde und Sehbehinderte können nicht mal eben so die Hochschul- oder Unibibliothek stürmen und sich die wichtigsten Bücher schnappen. Es gibt aber folgende Optionen, um Literatur zugänglich zu machen:

1. Der Service der TU Dortmund

Dieser Service kann deutschlandweit von allen Studierenden genutzt werden. Ihr müsst nur eine Kopie eures Schwerbehindertenausweises einreichen und ein Blatt mit den Nutzungsbedingungen unterschreiben. Dieser Service ist HIER zu finden.

Falls ein Buch, das ihr dringend braucht, nicht vorhanden sein sollte, könnt ihr Ansprechpersonen kontaktieren, die beim jeweiligen Verlag anfragen und euch das Buch vielleicht kostenlos beschaffen können. (Bisher habe ich sehr gute Erfahrungen mit Büchern aus dem Kohlhammer Verlag gemacht).

2. Verlage anschreiben und um PDFs bitten

Das hab ich beispielsweise genutzt, als es darum ging, mir eine Gesetzessammlung zu beschaffen. Glaubt mir, ihr wollt euer Leben nicht damit verschwenden über tausend Seiten einzuscannen. Mit der Formatierung der erworbenen Sammlung habt ihr so oder so noch genug zu tun. Das PDF hab ich selbstverständlich zum Ladenpreis erworben.

3. Einscannen

Blinde Studierende nutzen hierfür oft Studienassistenzen, also nette Menschen, die ihnen die Texte einscannen und dafür ein Entgelt bekommen. Ich hab mich selbst mal darin versucht, ein Buch einzuscannen und es waren die schlimmsten Tage meines Lebens.

Also wenn ihr wirklich Literatur braucht, die nicht anders zu beschaffen ist: Kümmert euch um eine Assistenz! Auch hierfür gibt es Finanzierungsmöglichkeiten über die Eingliederungshilfe. Alternativ könnt ihr sonst auch einen Teil des Blindengeldes für die Finanzierung der Assistenz einsetzen.

Hilfsmittel – Ohne die geht gar nichts

Am besten ist es natürlich, ihr wisst, was ihr für das Studium braucht. Dann könnt ihr euch schon vor Studienbeginn um die nötigen Hilfsmittel kümmern. Wenn das nicht der Fall ist: Schaut auf der Website des DBSV vorbei, dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband. Wenn sich eine Geschäftsstelle in eurer Nähe findet, könnt ihr euch die Hilfsmittel vor Ort anschauen und ausprobieren.

Wenn das nicht möglich ist, könnt ihr Kontakt zu Hilfsmittelfirmen aufnehmen. Diese Firmen haben bundesweit meist mehrere Geschäftsstellen und einen Mitarbeitenden, der für eine bestimmte Region zuständig ist. Das heißt, ihr bekommt die Geräte bei einem Hausbesuch vorgestellt. Mehr dazu habe ich HIER beschrieben.

Eine passende Hilfsmittelfirma findet ihr beispielsweise über eure Krankenkasse. Die Krankenkassen haben Verträge mit bestimmten Hilfsmittelfirmen. Das heißt, die Hilfsmittelfirmen können ihre Leistungen mit den Krankenkassen abrechnen.

Mir hat die Beratung über die Geschäftsstelle des DBSV vor Beginn des Studiums beispielsweise sehr geholfen.
Wenn ihr euch den Studienalltag überhaupt nicht vorstellen könnt und es euch daher schwer fällt, einzuschätzen, welches Hilfsmittel euch den Alltag erleichtern könnte, helfen euch vielleicht die folgenden Eckdaten:

Stellt euch darauf ein, dass ihr:

  • in Lehrveranstaltungen Texte und ggf. Folien, die an die Wand geworfen werden, lesen müsst.
  • Anwesenheitslisten unterschreiben müsst. (Das heißt ihr müsst euren Namen auf der Liste finden und dann noch das richtige Feld erwischen in das eure Unterschrift rein soll).
  • Schnell einen Raum- oder Ortswechsel bewältigen können solltet.
  • Eventuell in der Mensa essen wollt und dort Unterstützung braucht.
  • Referate und Gruppenarbeiten vorbereiten, durchführen bzw. halten müsst.
  • Raum Pläne oder andere Aushänge lesen können solltet.

Und für all diese Dinge, gibt es Hilfsmittel, die euch das Leben extrem erleichtern. Falls ihr euch für einen Hilfsmittel Beitrag interessiert, in dem ich einige Dinge vorstelle, gebt einfach Bescheid.

Ausblick

Ich habe völlig vergessen, euch im ersten Beitrag einen kleinen Ausblick darüber zu geben, was euch in den nächsten Beiträgen erwartet. Deswegen hole ich das heute nach und weise darauf hin, dass es im nächsten Tipp um den Umgang mit der eigenen Behinderung gehen wird. Ich versuche diesen Beitrag dann etwas allgemeiner zu halten, damit auch Menschen, die andere Behinderungen haben, etwas davon haben.

Der Beitrag erscheint am kommenden Sonntag, ich werde ihn aber wie gewohnt in den Social Media Kanälen bewerben.

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Zu meiner Person:

Ich bin von Geburt an auf dem linken Auge blind und auf dem rechten Auge hochgradig sehbehindert. Seit 2017 beträgt mein Sehrest 2%, was bedeutet, dass ich nach dem Gesetz als blind gelte. In der Praxis heißt dass: Ich…

  • Habe Mühe mich in unbekannten oder schlecht beleuchteten Räumen zu orientieren
  • Erkenne mir bekannte Personen nicht im Vorbeigehen
  • Laufe mit einem Blindenlangstock (von mir als Elderstab betitelt) pendelnd durch die Weltgeschichte
  • Kann keinen Blickkontakt aufnehmen und mit der Mimik meines Gegenübers nichts anfangen
  • Kann Personen, die in unmittelbarer Nähe (linker, rechter Sitznachbar je nach Entfernung auch mein Gegenüber) erkennen, alles was darüber hinaus geht aber nicht

 

Eine Auswahl an Artikeln, die bereits erschienen sind:

Umgang mit der Sehbehinderung
Wie arbeite ich mit einer Gesetzessammlung?
Blind heißt nicht gleich nichts sehen

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