Ge(h)schaut – Der ESC 2017

Foto: A. Mack

Langsam nach vorne arbeiten…
Der Tag nach dem ESC.
Es lässt sich festhalten: Wir rollen das Feld ganz langsam von hinten auf und steigern uns von Jahr zu Jahr. 
Interessanterweise hatten wir letztes Jahr zwar mehr Punkte aber eine schlechtere Beziehung. 
OK, Schluss mit der Ironie. 
Ich lade euch ein, auf eine kleine europäische Reise… 

Die Halbfinalshows 
ESC und Twitter
Vor ein paar Jahren habe ich entdeckt, das auch die Halbfinalshows im Fernsehen übertragen werden. Zwar nicht bei der ARD aber beim Digitalsender one. In den letzten Jahren wurden während der Sendung immer eine Auswahl an Tweets eingeblendet, die gerade im letzten Jahr bei uns für gute Unterhaltung sorgte. Darauf wurde dieses Jahr verzichtet. Allerdings war das auch kein Nachteil, weil wir uns so auf die Musik konzentrieren konnten. 
Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass der ESC dafür verantwortlich ist, das ich seit einem Jahr auf Twitter zu finden bin? 
Die Moderatoren 
Moderiert wurde der ESC von einem Männer Trio. Ich fand das etwas ungewohnt. Zum einen konnte ich mich nicht daran erinnern, wann es schon mal ein Trio gab – ich wette mit euch, das das gar nicht so lange her ist 🙂 – und zum anderen wird der ESC ja meistens neben einer männlichen Besetzung von einer Frau in einem schicken Kleid moderiert. Doch wer glaubte, dass man in Kiew keine Frau beim Finale dabei haben wollte, hat sich gewaltig getäuscht. Die Ukrainer nahmen sich ein indirektes Vorbild an Conchita Wurst und engagierten unser familiär persönliches ukrainisches ESC Highlight Verka Serduchka. 
Sie war nicht nur in Kurzfilmen zu sehen, die zur Überbrückung der Pause genutzt wurden, sondern trat mit kleineren Beiträgen auch in der Show auf. Zudem bekam die Gewinnerin des Vorjahres Jamala viel Raum, um neue Musik zu präsentieren. 
Die Musik
Während den Halbfinalsendungen kristallisierten sich für uns schnell eine Hand voll Favoriten heraus. Uns fiel vor allem auf, dass die Beiträge gefühlt immer westlicher werden. Nur noch wenige Lieder werden in der Landessprache gesungen. Meist greift man dann doch auf englisch und einen einheitlichen Popmix zurück. 
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass es 2010 als Lena gewann, noch etwas vielfältiger zuging. 
Aber kommen wir nun zu meinen Favoriten, die es leider nicht ins Finale geschafft haben. 
Finnland – Norma John Black Bird 
In letzter Zeit habe ich es wohl etwas mit den schwarzen Vögeln :-). Das Lied ist sehr gefühlvoll und könnte Teil eines Filmsoundtracks werden. Hier durfte ich mir dann anhören: “Was du reduzierst das Lied auf eine Hintergrundmusik?” Das ist keinesfalls abfällig gemeint. Ich hab hier sofort dieses innere Bild, das dieses Lied am Ende des Films auftaucht, wenn der Feind besiegt ist und unsere Protagonisten in ein neues Leben starten.  

Slowien – Omar Naber On my way 
Hier vermuteten wir dann das erste Mal, das wir abgehört wurden. Warum? Wir stellten fest, dass das Lied perfekt in ein MUsical passen könnte. Leider war Sänger Omar Naber beim Halbfinale etwas schief, was ihm sicher hier und da ein paar Punkte kostete. Als das Lied dann vorbei war, schloss sich Peter Urban unserer Meinung an und verwies auf die Musical Theorie. 

Und wo sind die Anderen? 
Dieses Jahr hatte ich wirklich Glück. Die anderen Favoriten haben es alle ins große Finale geschafft. Die Lieder findet ihr weiter unten. 

Das Finale 
Erwartungen? 
Versteht mich bitte nicht falsch! Ich bin sehr froh, dass uns Levina in Kiew vertreten hat. Sie ist nicht nur eine angenehme Person, sondern hat am Samstag wirklich gut gesungen. Ihr einziges Problem war das Lied. Ich hatte gehofft, dass ich mich etwas daran gewöhne. Leider war das nicht der Fall. Und so kam es, dass meine Erwartungen spätestens nach den beiden Halbfinalsendungen sehr gering waren, weil ich einfach befürchtete, dass unser Beitrag untergehen würde. 
Schwächeln der Big Five
Allerdings muss ich auch sagen, dass die anderen Beiträge der Big Five, der fünf gesetzten Finalisten, auch nicht ganz meinen Geschmack trafen. 
Keine Konflikte? 
Peter Urban leitete den Abend mit den Worten ein, dass es ja rund um den ESC keine Konflikte geben hätte. Ich war etwas erstaunt: Schließlich hatte ich vorab mitbekommen, dass der russischen Delegation die Einreise verweigert worden war (zu lesen HIER). Der Konflikt wurde nur in einem Nebensatz thematisiert. Zum einen fand ich das gut, weil man sich so auf die Veranstaltung an sich konzentrieren konnte. Andererseits fand ich es dann etwas komisch, davon zu reden, dass es keine Konflikte gegeben hatte. 
Die Lieder – Meine Favoriten 
Kommen wir nun zum musikalischen Teil des Beitrags. Viele Beiträgen klangen ähnlich oder abgeschrieben. Dennoch hatte ich ein paar ganz klare Favoriten: 
Australien Isaiah – Don’t come easy 
Ob Australien jetzt etwas beim ESC zu suchen hat, darüber lässt sich streiten. Ich habe mich jedenfalls gefreut, dass das Land wieder mit am Start ist und es mit diesem tollen Beitrag ins Finale und Auf den neunten Platz geschafft hat. 
Sänger Isaiah gewann übrigens die australische Ausgabe einer Castingshow. 

Belgien – Blanche – City lights 
Die Sängerin erinnert mich etwas an Lorde. Es klingt ungewöhnlich aber nicht ganz so aufdringlich, wie es bei ESC Beiträgen sonst häufiger der Fall ist. 
Das Lied schaffte es heute Nacht auf den vierten Platz. 

Portugal – Salvador Sobral – Amar Pelos Dois 
Die Grafikerin hatte ihr Herz ganz eindeutig und nur innerhalb weniger Sekunden an den diesjährigen Sieger Portugal verloren. Wir bangten aber etwas, da wir uns nicht sicher waren, ob das Lied für die bunte ESC Bühne nicht etwas zu ungewöhnlich war. Es freut mich immer total, wenn beim ESC ein Land gewinnt, dessen Lied ich toll finde. Somit kann ich Portugal den Sieg wirklich gönnen. Zudem hat der Sänger zum Schluss ein tolles Duett mit seiner Schwester hingelegt, die ihm das Lied geschrieben hat. 

Moldawien – SunStroke Projekt – Hey Mamma 
Wer das Verrückte am ESC sucht, findet es ansatzweise im moldawischen Beitrag. Der Refrain bleibt im Ohr und könnte sich zu einem Ohrwurm entwickeln. Ich habe gestern Abend gar nicht realisiert, dass es das Lied wirklich auf Platz 3 geschafft hat. 
Zypern – Hovig – Gravity 
Nicht nur unser Beitrag wurde von David Guettas Titanium abgeschrieben. Auch Gravity erinnert zu Beginn etwas an den Hit Human. Allerdings gefällt mir das Lied um einiges besser. International kam der Beitrag nicht ganz so gut an und ist auf dem 21. Platz zu finden. Interessant finde ich hier, dass die Jury- und Publikumsstimmen gar nicht so weit auseinander liegen. 
Österreich – Nathan Trent – Running on Air 
Mein absoluter Favorit war Österreich. Nathan Trent wollte es wissen und bewarb sich gleich mal bei zwei Vorentscheid Sendungen. Auch bei uns kam er in die engere Auswahl, zog das Angebot seines Heimatlandes aber vor. Und das war die beste Entscheidung seines Lebens. Stellt euch den Sänger einfach mit Wildfires oder Perfect Life vor und ihr erahnt, was ich meine :-). Beim Finale reichte es für den 16. Platz. 

Niederlande – OG3ONE – Lights and Shadows 
Hier handelt es sich ebenfalls um ein Familienprojekt. Bei dem Lied kommt ein klitzekleines bisschen Disney Feeling auf. Außerdem erinnert mich die Truppe an eine Frauengruppe, die vor einer Weile bei Voice of Germany mitgemacht hat. Beim Finale verpassten sie knapp den Einzug in die Top 10 und machten es sich auf dem 11. Platz gemütlich. 

Kroatien – Jaques Houdek – My friend 
Um es mit Peter Urbans Worten zu sagen: “Ein Duett mit sich selbst.” 
Ich fand den Beitrag echt witzig und auch das Lied war gar nicht mal so schlecht. Beim Wettbewerb eroberte der Kroate Platz 13. 

Norwegen – JOWST feat. Alexsander Walmann – Grab the Moment 
Dieses Jahr darf auch ein bisschen Boygroup Feeling nicht fehlen. Das Lied könnte von einer Singstar CD entsprungen sein. Ich fand den Beitrag frisch. Außerdem brachte er eine gute Portion guer Laune mit. Im Wettbewerb reichte es für Platz 10. 
Weißrussland – Naviband – Historyja Majho Zyccia
Mit den russischen oder, allgemein gefasst, mit den Beiträgen aus Osteuropa assoziiere ich oft etwas Schweres und Gefühlvolles. Ich fand den Beitrag von Naviband einfach richtig genial, weil das LIed etwas erfrischendes mitbringt, gute Laune macht und nicht auf Drama setzt. 

Mein Fazit 
Kiew hat einen sehr schönen ESC auf die Beine gestellt. Toll war, dass sie Verka in die Veranstaltung integriert haben, obwohl ihr Beitrag ja schon 10 Jahre her ist. 
Während ich letztes Jahr noch versucht habe, irgendwelche Vorschläge für einen besseren Vorentscheid zu entwickeln, sehe ich das dieses Jahr irgendwie sehr entspannt, weil ich befürchte, dass der NDR sowieso macht, was er will :-). 
Mir tut es nur leid für Levina, dass sie mit sechs Punkten nach Hause fahren muss. Dennoch hat es mich gefreut, dass sie vor dem spanischen Beitrag lag. Dessen Refrain fand ich nämlich echt etwas dämlich. 

2 Gedanken zu „Ge(h)schaut – Der ESC 2017“

  1. Hey Caro,
    es freut mich wieder von dir zu lesen.
    Ich hab den Eindruck, dass der Beitrag der Ukrainer bei einigen Leuten beliebt war. Ich glaube, mich hat der Beitrag etwas an Festivals erinnert.
    viele Grüße
    Emma

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