Rentierfieber XXL Leseprobe – Kapitel 3

Das Cover von "Rentierfieber". Ein freundlich lächelndes Rentier, das sich in einer Schneelandschaft befindet und auf dich zugelaufen kommt. Im Geweih hat es eine Weihnachtsmannmütze. Oberhalb im Himmel steht der Titel "Rentierfieber" auf dem sogar etwas schnee liegt. Darüber steht "Emma Zecka"
Bild von: Emma Zecka

Kapitel 3

4. Dezember: eine halbe Stunde später im Café

Der Weihnachtsmann hatte auf einem Sofa in »Mully’s Café« Platz genommen. Sein neuer Freund winkte lachend ab, als ihn der Weihnachtsmann mit »Herr Mully« ansprechen wollte.
»So heißt die Kette. Die gibt es auf der ganzen Welt. Ich bin Joe.« Er stellte einen Teller mit einem großen Stück Käsekuchen und einem Schokoladenmuffin vor dem Weihnachtsmann
ab. »Dein Kakao kommt gleich«, fügte er hinzu und verschwand in Richtung der Theke.

Der Weihnachtsmann war erleichtert. Zumindest das Essen sieht schon mal so aus wie zu Hause. Hoffentlich schmeckt es auch so. Er holte den Muffin aus seinem Papierförmchen und biss hinein. Hmpf , dachte der Weihnachtsmann. Der Muffin schmeckte süß. Doch irgendetwas fehlte. Aber was?, fragte er sich.
Es dauerte noch eine halbe Stunde, bis das Café offiziell öffnete. Nach und nach trudelten einige Mitarbeiter ein, würdigten den Weihnachtsmann aber keines Blickes. Wortlos verschwanden sie in den Räumen, die nur für die Mitarbeiter gedacht waren.

Als Joe wiederkam, hielt er nicht nur eine Tasse Kakao für den Weihnachtsmann in der einen, sondern auch eine Tasse Kaffee für sich selbst in der anderen Hand.
»Ich habe dich hier noch nie gesehen. Kommst du aus der Stadt?«, fragte er und nahm neben dem Weihnachtsmann auf dem Sofa Platz.
Um sich noch etwas Zeit mit seiner Antwort lassen zu können, biss der Weihnachtsmann schnell ein weiteres Stück von seinem Muffin ab. Im Gegensatz zu den Elfen war es ihm wichtig, zuerst zu kauen und dann zu sprechen. Die Elfen waren lebhaft, redeten und kauten gleichzeitig. Wenn eine gute Geschichte erzählt werden musste, war alles andere zweitrangig.
Da vergaßen sie schon mal alles um sich herum.

Der Weihnachtsmann wusste nicht so recht, wie er Joes Frage beantworten sollte. Würde Joe ihm glauben, wenn er wüsste, wer wirklich neben ihm saß? Oder würde er genauso böse werden wie der Riese?
»Nein, nicht direkt. Ich komme … vom Land«, sagte er schließlich und entschied sich damit für eine Halbwahrheit. Christstollen lag immerhin weit abgelegen auf dem Land.
»Du bist auch ein Morgenmuffel, oder?« Joes Lächeln war aufrichtig und aufmerksam. Solch ein Lächeln hatte der Weihnachtsmann bisher nur auf sehr wenigen Gesichtern gesehen. Und zwar vor sehr langer Zeit.
»Ich will dich ja nicht nerven«, Joe wirkte unsicher, »aber du kommst mir irgendwie bekannt vor.«
Er erkennt mich! Der Weihnachtsmann holte tief Luft.

»Darf ich dir eine Geschichte erzählen, ohne dass du mich danach auslachst?«
Joe nickte, und der Weihnachtsmann erzählte. Von Christstollen. Den Elfen. Und davon, dass er jetzt einen Nachfolger brauchte. Nur das fehlende Glücksgefühl und das Problem mit der Nase ließ er weg. Das muss er nun wirklich nicht wissen, entschied er. Und wenn er den Bollen sehen würde, hätte er bestimmt schon etwas gesagt.
Als der Weihnachtsmann seine Geschichte beendet hatte, stand Joes Mund offen. Doch es kamen keine Worte heraus.
Er schloss ihn wieder und schüttelte den Kopf.
»Habe ich etwas Falsches gesagt?«, fragte der Weihnachtsmann unsicher, er rechnete beinahe damit, gleich wieder gehen zu müssen. Was ist nur los mit mir? Sonst mache ich mir um so etwas doch auch keine Gedanken.
»Das glaubt sie mir nie!«, brachte Joe nach einer gefühlten Ewigkeit hervor.
Fragend zog der Weihnachtsmann eine Augenbraue hoch.

»Wenn ich das Tamara erzähle. Dass ich den Weihnachtsmann gefunden habe. Den echten. Sie wird ausflippen.« Joe sprach mehr zu sich selbst und nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse. Er blickte zu Boden, als hätte er dort etwas sehr Interessantes gefunden. Als der Weihnachtsmann seinem Blick folgen wollte, sah Joe ihn wieder an und kicherte. »Du bist immer noch da. Ich habe das alles also nicht geträumt.«

»Warum solltest du?«, fragte der Weihnachtsmann verwirrt. Ich war in den letzten Jahren eindeutig zu wenig unter Menschen.
Seit ungefähr zwanzig Jahren lebte er in Christstollen. Dort gab es zwar noch den Nikolaus, aber der war nun mal ein Heiliger und somit kein Mensch. Wenn er und die Elfen dann zur Bescherung aufbrachen, trafen sie nur selten Menschen, mit denen sie sprechen konnten.

Wenn die Familien nachts besucht wurden, schliefen die Kinder meistens. Und vor den Kindern, die es sich frühmorgens, noch schlaftrunken, vor dem Weihnachtsbaum gemütlich machten, um den großen Moment nicht zu verpassen, mussten sie sich verstecken.
Er hätte nicht gedacht, dass so wenige Menschen daran glaubten, ihm jemals begegnet zu sein. Erst der Riese und jetzt Joe. Die Kinder glauben an mich. Sonst würden sie mir doch kaum jedes Jahr einen Brief schreiben, oder? Wieso haben mich die Erwachsenen offenbar vergessen?

»Okay, ich nehme an, du hast keine Ahnung, wie du deinen Nachfolger finden sollst.« Joe wechselte abrupt das Thema und stellte die leere Tasse auf dem Tisch vor ihnen ab.
Der Weihnachtsmann schüttelte den Kopf. Ich hätte mir einen Plan überlegen sollen. Bis zuletzt war er sich nicht einmal sicher gewesen, ob er sich wirklich traute, bis ans Ende des Abflussrohrs zu rutschen.
»Hier kommen so viele Menschen vorbei. Wie wäre es, wenn du mir bei der Arbeit hilfst und dabei die Leute im Auge behältst? Vielleicht ist ja der richtige Kandidat dabei, und du kannst eine engere Auswahl treffen«, überlegte Joe.
Die Idee war gar nicht mal so schlecht. Der Weihnachtsmann nickte.

»Gut, dann beginnen wir mit deinem Crashkurs.« Joe sprang auf und zog den Weihnachtsmann mit sich. Bald sollte die erste Kundschaft eintreffen. Und bis dahin gab es noch viel zu tun.
Es dauerte eine geschlagene halbe Stunde, bis Joe die passende Uniform für den Weihnachtsmann gefunden hatte. Entweder war eine Hose zu kurz oder ein T-Shirt zu klein.

»Für heute muss das irgendwie funktionieren«, murmelte Joe schließlich, als er die letzte verfügbare Uniform am Weihnachtsmann begutachtete.
Der Weihnachtsmann beschloss einfach, den ganzen Tag weder zu seufzen noch tief einzuatmen.
Joe musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Kannst du die Mütze nicht vielleicht abnehmen?«, fragte er kleinlaut und hielt ihm stattdessen eine Kappe mit dem »M« entgegen.

Der Weihnachtsmann schüttelte den Kopf. »Ich habe es versucht, aber es geht nicht.«
Joe überlegte kurz. »Okay, dann wird sie eben dein Eisbrecher. Wir haben Dezember, die Leute freuen sich sicher, wenn jemand diese Mütze noch vor dem Nikolaustag trägt.«
Der Weihnachtsmann nickte und dachte an seinen Freund, den Nikolaus. Im Dezember sahen sich die beiden kaum.
Aber sobald sie sich gegen Ende des Jahres wieder begegnen würden, würde er ihm erzählen, dass die Menschen an ihn dachten.

Joes Blick verharrte nun auf dem Gesicht des Weihnachtsmannes.
»Der muss eigentlich ab«, kommentierte er und zeigte auf dessen Vollbart. »Hygienevorschriften.« Joe rollte mit den Augen.
»Aber …« Der Weihnachtsmann wollte gerade zum Protest ansetzen, als Joe weiterredete.
»Ja, du hast recht. Dafür ist keine Zeit mehr. Das muss bis morgen warten. Wir stecken dich einfach nicht in die Küche. Dann sollte es keine Probleme geben«, entschied er.
Der Weihnachtsmann atmete erleichtert auf, bevor er dachte:
Bis morgen? Pah! Ich trage immer einen Bart.

»Wie schnell kannst du dir Getränke und Essen merken?«, fragte Joe und drückte dem Weihnachtsmann im selben Moment eine Karte in die Hand.

Der Weihnachtsmann stutzte. Bevor Rubina ihre Stelle angetreten hatte, war die Planung der Bescherung sehr chaotisch abgelaufen. Aber es war immer alles gut gegangen. Er hatte sich viel merken müssen und hatte das auch gern getan.
Doch Rubina hatte Struktur in die Bescherung und ihre Vorbereitung gebracht. Somit musste der Weihnachtsmann auch weniger denken.
Vielleicht wird es Zeit, mir mal andere Berufe anzuschauen. Wie kann ich denn wissen, ob ich das, was ich seit zwanzig Jahren tue, wirklich gern mache, wenn ich noch keine anderen Berufe ausprobiert habe?, überlegte er.
Er wusste, dass er früher irgendwo gearbeitet haben musste, bevor er nach Christstollen gekommen war. Aber er konnte sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern.

Er schlug die Karte auf und begann zu lesen. Leise vor sich hin murmelnd.
»Einen Mully-Cheesecake mit einem Creamy-Kakao, bitte.«
Der Weihnachtsmann stand neben Joe.
Beide hatten einen Bildschirm mit sehr vielen Bildern vor sich. Die Liste der Getränke war lang. Es gab allein fünf verschiedene Kakaosorten. Ein Bild schöner als das andere.
Der Weihnachtsmann wusste beim besten Willen nicht, welcher von ihnen »creamy« war. Angestrengt starrte er auf den Bildschirm, auf dem nur die Bilder, aber keine Beschriftungen abgebildet waren. Komm schon, wo bist du?, fragte er sich. Doch die Bilder blieben stumm.

Er blickte hinter sich auf die Tafel. Hier waren nicht nur die Bilder abgebildet, sondern auch die Namen der Produkte vorhanden.
»Soll ich meine Bestellung noch mal wiederholen?«, fragte seine erste Kundin. Ihr Lächeln war nun nicht mehr ganz so freundlich.
»Ähm …«, begann der Weihnachtsmann, doch Joe kam ihm zu Hilfe.
»Er hat heute seinen ersten Tag.« Dann drückte er auf die Bilder, die zur Bestellung der Kundin passten, und der Weihnachtsmann blickte kurz in Richtung Küche und sah, wie Essen auf Tellern verteilt wurde und Getränke in Tassen geschenkt wurden. Es läuft alles nach Plan, erkannte er zufrieden und lächelte der Kundin freundlich zu, die ihm bereits das Geld entgegenstreckte.

Ehe er es sich versah, hielt er ein schmales Blatt Papier und ein paar Münzen in der Hand. Irritiert reichte er ihr das Blatt Papier zurück und kassierte einen genervten Blick.
»Das Ganze kostet genau so viel, wie ich Ihnen gerade gegeben habe. Ich denke, Ihr Chef ist nicht sehr begeistert, wenn Sie nur das Kleingeld annehmen.« Sie wandte sich ab und suchte sich einen Sitzplatz.
»Du musst das Essen dann zu ihr bringen«, raunte Joe dem Weihnachtsmann zu.
»Was mache ich damit?«, flüsterte dieser und hielt ihm das Geld entgegen. Joe wählte mit der einen Hand Symbole auf dem Bildschirm aus und zog mit der anderen eine Schublade auf, die sich vor dem Weihnachtsmann befand. Darin gab es verschiedene Fächer mit Münzen. Nur in einem Fach lagen Scheine.
»Einsortieren«, erklärte Joe, und der Weihnachtsmann war froh, dass nur ein Wort genügte, um ihm die Frage zu beantworten.

Er legte das Geld an die richtige Stelle und ließ den Blick wieder durch den Raum schweifen. Inzwischen hatten schon einige Gäste im Café Platz genommen.
Der Weihnachtsmann musterte sie neugierig.
Die meisten Tische wurden von Frauen besetzt, die entweder auf ein Smartphone, ein Tablet oder auch einen Laptop starrten. Nur wenige Männer kamen in den Laden. Die meisten von ihnen nahmen sich etwas mit. Der Weihnachtsmann erkannte resigniert, dass viele so aussahen, als würden sie es nicht lange bei Eiseskälte auf einem Schlitten aushalten. Sie trugen meist Anzüge, hatten eine aufrechte Haltung und gingen so zügig, dass sich der Weihnachtsmann fragte, ob das überhaupt gemütlich war.

Die Elfen hüpften meist durch die Gegend. Und er selbst schlenderte häufig gemütlich durch Christstollen.
Die Brillenträger bereiteten ihm dabei die größten Sorgen. Was ist, wenn das Ding beim Anflug wegfliegt? Dann weiß er doch gar nicht mehr, wo er hinfliegen soll. Der Weihnachtsmann war besorgt.
Die meisten Anzugträger kamen ohne Gepäck. Nur wenige von ihnen hatten eine Aktentasche unter den Arm geklemmt.
Sie sind also belastbar und können zumindest kleinere Dinge tragen, dachte der Weihnachtsmann anerkennend. Darauf konnte man aufbauen.

Doch die meisten Männer mieden seinen Blick, wenn sie ihre Bestellung aufgaben. Nicht gut!, schoss es ihm durch den Kopf. Wie sollen sie denn das mitbekommen, was um sie herum passiert, wenn sie meinem Blick ausweichen und stattdessen den Boden oder ein Smartphone mustern? Verzweifelt fragte er sich, ob sich alle Kinder zu solchen Erwachsenen entwickelten.

»Weihnachtsmann …«, flüsterte Joe.
Er zuckte zusammen.
Joe deutete auf den Bildschirm, auf dem in roten Buchstaben »Bestellung ist fertig« blinkte.
Der Weihnachtsmann sprintete los und hätte dabei beinahe eine andere Bedienung umgerannt, die gerade ein Tablett balancierte, auf dem einige Kakaotassen standen.
Ihr Blick sprühte Funken, als sie an ihm vorbeiging.

Der Weihnachtsmann schnappte sich seine Bestellung, wobei der Kakao bedrohlich schwappte, und suchte seine erste Kundin.
Sie saß in der hintersten Ecke des Cafés und hatte inzwischen ebenfalls einen Laptop vor sich aufgeklappt.
Der Weihnachtsmann näherte sich und stellte die Tasse mit dem Kakao neben dem Gerät ab. Dabei spritzten ein paar Tropfen auf den Laptop.
»Passen Sie doch auf«, zischte die Frau und nahm dem Weihnachtsmann den Teller ab, bevor er ihn ebenfalls an einer falschen Stelle platzieren konnte.
»Tschuldigung«, brummte er, doch die Frau starrte bereits wieder auf den Bildschirm. Also schlich er sich davon, um die nächsten Bestellungen aufzunehmen.

Schon nach einer Stunde keuchte der Weihnachtsmann. Dabei spannte sich sein T-Shirt bedrohlich. Er war so schnelles Arbeiten einfach nicht mehr gewohnt. In Christstollen ging es eben etwas gemütlicher zu. Schwere Gegenstände mussten nicht lange getragen werden, sondern schwebten meist vor ihnen her.

Strecken mussten nicht gerannt werden, sondern man konnte gemütlich schlendern. Obwohl die Bescherung bis in die frühen Morgenstunden dauerte, war die Zeit noch nie knapp geworden. Vielleicht lag es auch an der magischen Zeitzone.
Hier war es anders. Je länger er brauchte, desto unfreundlicher wurden die Kunden. Je mehr Bestellungen er parallel bewältigen musste, desto häufiger verwechselte er die Produkte.
Kakao war nicht immer Kakao und Kuchen nicht immer Kuchen. Alles hieß beinahe gleich und sah auf den Bildern auch noch ähnlich aus. Wie soll ich da den Überblick behalten?, dachte er irgendwann. Den Elfen wäre es egal gewesen, was ihnen serviert wurde. Hauptsache, es war süß und es schmeckte.

Zähneknirschend erkannte der Weihnachtsmann, dass die Menschen offenbar wählerischer waren.
Je später es wurde, desto weniger Kunden kamen. Mittags war wohl nicht die passende Zeit für Kaffee und Kuchen.
Wir sind eben nicht in Christstollen, bemerkte der Weihnachtsmann in Gedanken. Dort gab es im Winter häufig einen Apfelstrudel und Vanillesoße zum Mittag, und alle waren glücklich darüber.

Das, was Joe als »herzhafte Snacks« bezeichnete, wurde erst ab vierzehn Uhr verkauft.
»Wir müssen reden«, begann Joe, als nur noch wenige Kunden an den Tischen saßen. Er deutete zu dem Sofa, auf dem sie schon am Morgen Platz genommen hatten.
Der Weihnachtsmann ging voraus und wartete.
»Hier …« Ein hagerer Junge mit lockigen Haaren tauchte vor ihm auf. Er hielt eine Schale Kartoffelsalat und einen Teller mit einem Fleischkäsebrötchen in der Hand.

»Für mich?«, fragte der Weihnachtsmann verwundert und hörte im selben Moment seinen knurrenden Magen.
Der Junge nickte und stellte beides auf ihrem Tisch ab.
Der Weihnachtsmann musterte ihn. Es ist wahrscheinlich noch gar nicht so lange her, als ich ihm seine Geschenke gebracht habe, überlegte er. Er wusste zwar ungefähr, wie lange er bei den Elfen lebte, musste sich aber eingestehen, dass er die Bescherungen manchmal durcheinanderwürfelte und Erlebnisse mit einem bestimmten Jahr verknüpfte, obwohl sich das Ereignis etwas früher oder manchmal auch etwas später zugetragen hatte.

Der Junge wirkte verlegen. Doch der Weihnachtsmann konnte sich nicht erklären, woran das lag. Weiß er etwa auch, wer ich bin? Joe hatte den Weihnachtsmann anderen Kollegen nur als »Freund« vorgestellt. Niemand hatte mehr Informationen gewollt.
»Ähm …«, begann der Junge, wurde aber sofort von Joe unterbrochen.
»Jakob. Die Pizzabrötchen sind gleich fertig. Kannst du dich darum kümmern?«
Jakobs Miene hellte sich auf. Er nickte dankbar und verschwand.
Joe hielt zwei Flaschen Limonade in der Hand und stellte sie ebenfalls ab.
»Ist mit Jakob alles in Ordnung? Er scheint froh zu sein, wieder an die Arbeit gehen zu können«, fragte der Weihnachtsmann, den Jakobs Blick nicht losließ. So als wäre ihm die Situation unangenehm gewesen.

»Ich denke schon. Eigentlich macht er sich im Café ganz gut. Vielleicht ist er nur etwas irritiert, weil unsere Kundschaft normalerweise jünger ist«, überlegte Joe. Dann fügte er hinzu:
»Ich habe dich beobachtet und glaube nicht, dass du hier einen Nachfolger finden wirst. Die Arbeit strengt dich an und ich befürchte, dass hier auch nicht die richtigen Leute vorbeikommen, die sich als zukünftige Weihnachtsmänner eignen.«
Vermutlich hat er recht, überlegte der Weihnachtsmann, als er an die Kunden dachte, die den Vormittag über vorbeigeschaut hatten.

»Wahrscheinlich machst du besser Schluss für heute.« Joe nahm neben dem Weihnachtsmann auf dem Sofa Platz.
Dieser atmete erleichtert auf.
Und da passierte es.
Sein T-Shirt bekam einen Riss. Das »M«, das auf der Vorderseite zu sehen war, war nun in zwei Hälften geteilt. In der Mitte kam ein Stück des weißen Unterhemdes zum Vorschein.

Der Weihnachtsmann und Joe blickten auf das Bild, das sich ihnen bot. Einen Moment lang herrschte Stille. Doch dann grinsten die Männer. Das Grinsen wurde immer breiter und ging in ein lautes Lachen über.
»Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte. Also, was ist los?« Eine Frau hatte den Laden betreten und nahm ihnen gegenüber Platz.
Joe holte tief Luft und erklärte feierlich: »Tamara, darf ich vorstellen? Der Weihnachtsmann.«

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