Der Inhalt
Was mich sofort fasziniert hatte, war die Hörprobe des Romans. Hier lernen wir Theo kennen. Einen jungen Mann, der von seinen Eltern vor die Tür gesetzt wird. Er bewohnte deren Gartenhütte. Seine Eltern wünschen sich, dass er wieder hinaus in die Welt geht und nicht den Rest seines Lebens in der Gartenhütte vor sich hin lebt. Theo ist das natürlich alles andere als recht.
Nach der Hörprobe war mein Interesse geweckt: Eine Hauptfigur, die sich gegen den Ruf des Abenteuers wehrt. Als an Theos Geburtstag dann auch noch Joel, ein alter Schulfreund, auftaucht, mit dem er sich zerstritten hat, scheint es genug Konfliktpotenzial zu geben. Leider hat sich die Handlung anders entwickelt.
Die größte Schwäche von Theo und Joel besteht darin, dass beide nicht in der Lage sind, über ihre Gefühle zu reden. Das und die Tatsache, dass beide dem jeweils anderem wichtige Dinge verheimlichen, sorgt für eine Reihe Missverständnisse und damit verbundenen Streitereien. Im Vordergrund steht vor allem die Vergangenheit der beiden, die nicht durch klassische Rückblenden erzählt wird. Es ist mehr so, dass die Figuren die Vergangenheit zusammenfassen. Lange habe ich nicht verstanden, warum sich Richard Roper diesem Stilmittel bedient. Als ich dann aber gelesen habe, dass der Originaltitel When we were young war, wurde mir einiges klar: Der Originaltitel impliziert, dass vor allem die Aufarbeitung der Freundschaft im Vordergrund steht. Genau das ist auch das zentrale Thema der Handlung.
Der deutschsprachige Titel Zwei auf einem Weg ist hier leider sehr irreführend und hat bei mir völlig falsche Erwartungen geweckt. Ich rechnete damit, dass wir die Geschichte zweier Männer kennenlernen, die gemeinsam einen Weg laufen und sich dabei weiterentwickeln. Leider traf das nur zum Teil zu.
Es gab Momente, in denen mich Richard Roper inhaltlich abholen konnte. Mal kamen Theo und Joel zu interessanten Erkenntnissen. Mal gab es schöne und bewegende Szenen. Leider muss ich aber feststellen, dass mir der Inhalt zu sehr an der Oberfläche hängen blieb. Die Entwicklung der Figuren ging für mich zu langsam voran. Außerdem habe ich das Ende der Handlung nicht verstanden. Einerseits konnte ich es nachvollziehen, weil meine Version des Endes vermutlich zu sehr Friede-Freude-Eierkuchen geworden wäre. Aber mir hat dennoch die Begründung gefehlt.
Die Hörbuchgestaltung
Das Hörbuch wurde ungekürzt und ausschließlich als Download im Argon Verlag produziert. An dieser Stelle möchte ich euch unbedingt auf die Hörprobe hinweisen, weil ich sie wirklich sehr gut gewählt finde. Sie wirft uns direkt in die Geschichte und macht neugierig auf die Handlung.
Da die Handlung aus zwei Perspektiven erzählt wird, wurde das Hörbuch auch mit zwei Personen besetzt.
Marian Funk schlüpft in die Rolle von Theo. Er ist auch in der Hörprobe zu hören. Er hat eine helle Stimmfarbe, was dafür sorgt, dass er noch recht jung klingt. Ich kann ihn mir auch gut als Sprecher von Jugendhörbüchern vorstellen. Seine Betonung der Handlung hat mich sehr beeindruckt. Er liest laut und legt, wenn Theo wieder in einem Monolog über die Ungerechtigkeit der Welt verfällt, die Frustration in seine Worte. Seine Interpretation macht deutlich, in welcher ausweglosen Situation Theo steckt. Er sieht sich an einer Sackgasse und schafft es nicht, wieder ins Leben zu starten.
Denis Moschitto liest Joels Perspektive. Er hat eine dünnere und tiefere Stimmfarbe als Marian Funk. Seine Interpretation zeichnet sich dadurch aus, dass er leiser liest, als Marian Funk. Es ist aber kein leise in Bezug auf die Lautstärke, sondern eher ein nach innen lesen. Das sorgt dafür, dass Joels Charaktereigenschaften gut zur Geltung kamen. Joel ist zurückgezogen. Er hat früh gelernt, Dinge mit sich auszumachen und sich nicht mitzuteilen.
An sich hat mir Denis Moschittos Interpretation gut gefallen. Dennoch hatte ich den Eindruck, dass Marian Funk aufgrund seiner Interpretation mehr von sich zeigen konnte. Denis Moschittos Interpretation hatte zwar das interessante Element des leisen Lesens, aber mir fehlte hier die Entwicklung.
Dennoch: Es ist jammern auf sehr hohem Niveau. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt, war inhaltlich mit dabei und bin nicht abgeschweift, wie es immer wieder bei Hörbüchern vorkommt, deren Gestaltung mich nicht überzeugen kann.
Der Schreibstil
Richard Roper hat einen lebendigen Schreibstil, der mir einen schnellen Einstieg in die Handlung ermöglichte. Er lässt Theo und Joel unterschiedlich klingen und arbeitet so ihre verschiedenen Charakterzüge und Biografien heraus.
Womit er sich aus meiner Sicht aber keinen Gefallen getan hat, waren die Rückblenden der Handlung. Er erzählt den Roman sowohl aus Theos als auch aus Joels Perspektive. Beide Figuren denken aber immer wieder an Ereignisse aus der Vergangenheit, welche sie für uns zusammenfassen. Genauso klangen die Rückblenden für mich auch: Wie Zusammenfassungen. Die Rückblenden waren zwar notwendig um die Konflikte zu verstehen, die sich auf die Gegenwart auswirken. Allerdings haben sie mich emotional nicht erreicht.
Was ich mir von Rückblenden wünsche ist, dass sie gekonnt eingesetzt werden. Sie sollen so im Inhalt platziert sein, dass sich Gegenwart und Vergangenheit ergänzen. Dass ich neugierig gemacht werde, wie die jeweilige Perspektive weitergeht und dass ich eine Art Aha-Effekt habe, weil sich die Perspektiven ergänzen. Das blieb für mich hier leider aus.
Gesamteindruck
Zwei auf einem Weg erzählt eine solide Geschichte, die mich an sich gut unterhalten hat. Allerdings hat der Titel meine Erwartungen leider nicht erfüllt. Das lag aber vor allem daran, dass ich sehr gehofft hatte, dass der Titel zu einem meiner Highlights werden würde und meine Erwartungen nach der Hörprobe und dem Klappentext auch sehr hoch waren. Dennoch glaube ich, dass Theos und Joels Geschichte viele Menschen erreichen wird.
Infos zum Hörbuch
Zwei auf einem Weg
Geschrieben von: Richard Roper
Es lesen: Marian Funk und Denis Moschitto.
Bewertung: 3 von 5 Punkten
Bei meiner Lieblingsbuchhandlung bestellen.
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Das Hörbuch wurde mir kostenlos als Rezensionsexemplar vom Argon Verlag zur Verfügung gestellt.