Es war mitten in der Nacht. Die Uhr zeigte zwar erst sechs Uhr an, aber es fühlte sich an, als würde die Welt schon längst schlafen. Gedankenverloren strich sie umher. Heute war Weihnachten, das Fest der Liebe.
Liebe… Ja, wenn das mit dem Glücksgefühl und der rosaroten Brille nur so einfach wäre. Vor einem Jahr leuchtete das Rosa noch etwas blass. Aber es war da. Inzwischen war sie von Wolke sieben wieder auf den Boden der Tatsachen angekommen. Er war mittlerweile ausgezogen und hatte eine neue Freundin. Sie hingegen war mit den beiden Kindern zurückgeblieben.
»Lass uns bitte nicht streiten. Der Kinder wegen«, hatte er gefordert, als er ihr verkündete, dass ein neuer Nachwuchs anstehen würde.
Natürlich war es kein Befehl im typischen Sinne. Kein ernster Blick, keine harten Worte. Warum musste sie sich ihm anpassen? Durfte sie sich denn nicht so fühlen, wie sie wollte? Ihr war nun mal nicht nach Patchworkfamilie und Friede-Freude-Eierkuchen. Ihre Ehe war in die Brüche gegangen.