Wie war’s beim LitCamp 2018?

Gelbe Fläche, die mit einem Reißverschluss aufgezogen wird. Heraus schaut eine große Menschengruppe, die wir aus der Vogelperspektive sehen.
Bild von A. Mack

Ein Bericht von Isona

Was: Litcamp

Wann: 16. Und 17. Juni 2018
Wo: Im Dezernat 16 in Heidelberg
Preis: 30€ für zwei Tage
Das LitCamp 2018 ist leider schon vorbei.
Wer mir auf Twitter folgt, hat bestimmt mitbekommen, dass es bei mir eine sehr SEHR spontane Angelegenheit war. Denn wie zu meist war meine Twitter Timeline über voll von vorfreudigen Autoren/Bloggern/Lesern, die die Tage bis zum LitCamp gezählt haben. Und inmitten ich, die weder jemals etwas vom Literatur Camp noch überhaupt etwas von Barcamps gehört hatte. Aber Google und Wikipedia sind ja zum Glück geduldig und bin auf folgende Erklärung gestoßen:
»Ein Barcamp (häufig auch BarCamp, Unkonferenz, Ad-hoc-Nicht-Konferenz) ist eine offene Tagung mit offenen Workshops, deren Inhalte und Ablauf von den Teilnehmern zu Beginn der Tagung selbst entwickelt und im weiteren Verlauf gestaltet werden. Barcamps dienen dem inhaltlichen Austausch und der Diskussion, können teilweise aber auch bereits am Ende der Veranstaltung konkrete Ergebnisse vorweisen« (Quelle Wikipedia). 
Gedacht ist es für LeserInnen, BloggerInnen, Verlagsleute, BuchhändlerInnen und BibliothekarInnen, AutorInnen, Selfpublisher, Indies, E-Book-Fans und Bibliophile und alle anderen, die sich für die Buchwelt interessieren (Quelle Literaturcamp HD)

Nun ja, das sagt ja schon mal viel, aber irgendwie doch nicht genug. Aber die schier unendliche Vorfreude und Motivation der Twitterer haben auf mich über gegriffen und schon stand unter einem Begeisterungstweet von Michelle (@mianjanssen) »Emma, da müssen wir nächstes Jahr auch hin!«. Eins führte zum anderen und aus »nächstes Jahr« wurde (zumindest für mich) »dieses Jahr« und bevor ich mich versah hatte ich Mittwoch vor dem LitCamp ein Ticket (Danke dafür noch mal, Michelle) und eine Fahrkarte für den Flixbus und musste mir überlegen, was ich alles mitnehmen wollte.
Die Anfahrt
war ziemlich chaotisch, um es genau zu sagen. Laut Plan sollte der Bus mit Michelle und mir um acht Uhr in Freiburg losfahren und dann um halb elf in Heidelberg ankommen. So viel zur Theorie. Um halb acht kam die Nachricht, der Bus hätte schon eine Stunde Verspätung; kurz darauf waren es dann schon zwei Stunden. Unsere Laune auf dem Tiefpunkt. Unsere Rettung kam in Form meines Freundes, der uns angeboten hat, uns nach Heidelberg zu bringen und zwei Stunden später (in denen ich damit gemobbt wurde, dass ich mir eine gesunde Portion Gemüse zum Snacken mitgenommen habe) konnten wir uns dann zum Glück zu den anderen LitCamp Personen gesellen.
Die Sessions
waren allesamt klasse und eigentlich konnte ich mich nie so richtig entscheiden, wohin ich jetzt gehen sollte. Pro Zeitblock musste man sich logischerweise für eine entscheiden (theoretisch hätte man auch bei einem früher gehen und bei einem anderen später kommen können, aber das ist nicht Ganzes und nichts Halbes und führt bei nur 45 Minuten Zeit zu nichts Gutem).
Samstag 12:00-12:45 Uhr – Netzwerken im Literaturbetrieb
In der Session von Chris (@christianmilkus) und Zippi (@jzipperling) ging es darum, wie wichtig Netzwerke und Social Media für Autoren und Blogger sind, um ihre Bekanntheit zu vergrößern und sich einen Namen zu machen. Instagram und vor allem Twitter sind hierbei sehr beliebt, Facebook zieht hier wieder mal den Kürzeren, kann man aber auch noch nutzen, und natürlich ist eine eigene Homepage fast obligatorisch.
Wichtig ist, dass man sich eine Persönlichkeit aufbaut, die im Gedächtnis bleibt. Außerdem sollte man nicht bloß nur retweeten/Beiträge teilen, aber auch nicht nur Dinge von sich selbst schreiben. Die Mischung machts bekanntermaßen. 🙂
Samstag 14:00-14:45 Uhr – Speedplotting: Einen Roman in 30 Minuten plotten
Gemeinsam mit Mascha (@maschavassena) plotteten wir einen Roman nach dem 7-Punkte-System von Dan Wells, in dem unsere 110-jährige Hauptfigur (ehemals Auftragskillerin) ihren 60 Jahre jüngeren Lover tot in ihrem Bett im Altersheim findet. Natürlich steht sie selbst unter Tatverdacht und muss nun ihre Unschuld beweisen. Ob ihr das gelingt? Nun, das erfahrt ihr, wenn einer der Teilnehmer die Geschichte schreibt 😀
Samstag 15:00-15:45 Uhr – Meine Erfahrung nach 20 Jahren als Verlagsautor
Hier hat mich Martin (@martin_krist) wieder kräftig auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Bisher galt es für mich als das Nonplusultra, in einem Verlag unterzukommen. Aber Verträge, Fristen und Auflagen machen einem Autor hier das Leben schwer. Es hat nun mal nicht alles seine rosigen Seiten.
Was ich mitgenommen habe: Amazon und Tolino sind die Zukunft (auch wenn das hart klingt).
Samstag 16:30-17:15 Uhr – Schreibstil verbessern
Carl (@CarlNetwalker) zeigte uns einige Tipps, wie man seinen Schreibstil verbessern kann. Neben den altbekannten Dingen wie »Show, don’t tell« (was jeder Autor schon einmal gehört haben sollte), drängte er dazu, dass man sich mit seinen Texten nicht verstecken sollte; Testleser suchen und ab damit in den Kritikerpool; denn Kritik lässt einen Text nur besser werden.
Neben dem sollte man die Spannung nicht immer sofort auflösen; mysteriöse Andeutungen halten den Leser am Ball; wichtige Dinge an den Anfang oder ans Ende eines Satzes stellen, Aktiv statt Passiv! Wichtig ist auch, dass man ein Auge fürs Detail entwickelt und alle Sinne anspricht. Ebenfalls sinnvoll sind Metaphern, die gut zur Figur passen; Verben, die das Setting mitbestimmen, und Adjektive, die die emotionale Stimmung einer Szene beeinflussen. Und jede, jede Menge Lesen! Des Weiteren legte er uns »Die 50 Werkzeuge für gutes Schreiben« von Roy Peter Clark ans Herz.
Samstag 17:30-18:15 Uhr – #Coversessions
Hier zeigte uns Juliana Fabula (@juliana_fabula) einige Cover und erklärte, warum diese besonders gut oder eben auch eher weniger gut waren. Hinsichtlich der Farbauswahl, der Typographie und Anordnung der einzelnen Elemente.
Außerdem zeigte sie uns die vielen unterschiedlichen Arbeitsschritte, in denen sich ein Cover von der ersten Idee bis zum fertigen Entwurf entwickelt.
Das war bereits der Samstag für mich, da ich zum Abendessen bei meiner Oma angemeldet war und sie nicht so lange warten lassen wollte. Aufgrund meiner Verplantheit (und die Unfähigkeit der Heidelberger Verkehrsbetriebe, in den Straßenbahnen Automaten aufzustellen), bin ich den ganzen Weg schwarz und voller Panik, erwischt zu werden, gefahren.
Sonntag 11:00-11:45 Uhr – wenn ich mache, was der Lektor sagt, verkaufe ich dem Teufel meine Seele
Nach der Sessionplanung für den Tag, erzählte uns Alana (@AlanaLeona), warum man als Berufsautor trotzdem schreiben sollte, was man liebt, denn ansonsten wäre es sehr schwer, den Job längerfristig auszuüben. Marktrecherche ist umso wichtiger; man sollte im Bilde darüber sein, was die Leser momentan mögen und das dann eventuell als Trope einbauen. Außerdem machte sie klar, dass es keine Schreibblockaden gibt, denn das sind alles nur Probleme im Plot oder in den Figuren, die man lösen muss. Am besten Hilfe suchen und darüber sprechen, den Text für einige Tage liegen lassen, könne man sich als Berufsautor nicht leisten. Wenn einem dann eine bestimmte Technik geholfen hat, sollte man sie unbedingt aufschreiben, denn auch wenn man es sich in diesem Moment absolut nicht vorstellen kann, man vergisst sie wieder.
Des Weiteren hat sie uns eingeschärft, dass wir das Lektorat als Chance sehen sollen, unser Manuskript zu verbessern. Der Lektor hat Erfahrung und hat das gleiche Ziel, nämlich das Beste aus der Geschichte rauszuholen. Trotzdem sollte man nie vergessen, dass man selbst als Autor die letzte Entscheidung trägt.
Zur Zusammenarbeit mit einem Verlag hat sie uns folgende Tipps gegeben: schreibt euren Klappentext selbst (da sind die Verlage offenbar auch sehr froh drum, wenn man das macht); beim Cover ein Mitspracherecht zu haben wird schwierig. Außerdem sollte man nicht nur den Verlag das Marketing machen lassen, sondern auch sich selbst einbringen (beispielsweise auf Instagram). Alana gab uns den Tipp, gleich von Anfang an etwa 30 Titelvorschläge in petto zu haben, damit man später nicht unter Zeitdruck gerät. Im Regelfall suchen Verlage Autoren, die längerfristig mit ihnen zusammen arbeiten, deshalb ist es nur fair, wenn man sich bei einem Verlag bewirbt und vor hat, mehrere Bücher der gleichen Art zu schreiben. Ein absolutes No-Go ist es übrigens, Bücher aus dem gleichen Genre anderen Verlagen anzubieten, wenn man bei einem schon unter Vertrag steht.
Ein guter Start sind immer Wettbewerbe und auch Kleinverlage sind super zum Einsteigen.
Sonntag 12:00-12:45 Uhr – Burgenwahnsinn – oder auch: Wie schreibe ich eine Burg (Oberrhein vs. Franken)
Michelle (@mianjanssen) und Aurelia (@hekabeohnename) erzählten uns humorvoll und locker die größten Irrtümer über Burgen im Mittelalter.
Burgen waren beispielsweise nicht ständig belagert und es gab (und gibt) einen wichtigen Unterschied zwischen Schloss (eher repräsentativ) und Burg (Festung). Nicht jeder Adlige (vor allem die popligen Ritter :D) hatte eine eigene Burg, meist wurde auch nur in einem hohen Haus gewohnt, um die Macht zu demonstrieren (und Geld zu sparen). Burggräben gab es, aber meist ohne Wasser drin, denn das war verflixt unpraktisch und führt zu Schimmelbildung (uaarghs). Urkunden dienten als Beweis und meist ging es dabei um Streit (die Leute im Mittelalter haben sich auch wegen jedem Bullshit gestritten, das ist kein Phänomen der Moderne :D). Wichtig beim Burgen schreiben ist auch zu wissen, welche Stufe der Adlige hatte: War er Ritter, Edelmann, König, Kaiser? Danach richtet sich dann auch die Größe der Burg. Entweder war der Besitzer also sehr reich oder die Familie hat über mehrere Generationen an der Burg gebaut, sodass sie immer größer geworden ist.
Und ganz wichtig: Ziegen sind Arschlöcher. Merkt euch das!
Sonntag 14:00-14:45 Uhr – *Kreisch* Meine Anschreiben-Träume
Hier erklärte Anke Gasch, Chefredakteurin der Federwelt (@DieFederwelt), wie Kia (@KiaKahawa) sie in einer einzigen Mail überzeugen konnte und beide gaben Tipps für das erfolgreiche Anschreiben (nicht nur für die Federwelt).
Zuerst einmal und ganz wichtig: Keine Massenmails! Die sind unpersönlich und oberflächlich und werden meist ungelesen wieder gelöscht. Lieber weniger ausgewählte anschreiben als mehr, die dann nicht passen.
Dann sollte man damit anfangen, wer man ist und was man kann, gefolgt vom eigenen Anliegen: Was will man von der Person? Und natürlich auch, warum man gerade dafür so gut geeignet ist; Referenzen vorstellen. Am besten mit Beispielseiten, auf denen man schon veröffentlicht hat und der Empfänger einen schnellen Überblick bekommt. Sehr sinnvoll ist es auch, wenn man gleich die nächsten Schritte vorschlagen kann.
Immer daran denken: Ihr seid keine Bittsteller! Ihr habt etwas, was ihr anbietet; das macht es einen Handel. Also macht dem Empfänger ein Angebot, das er nicht ausschlagen kann!
Wichtig zu erwähnen ist auch euer Alleinstellungsmerkmal!
Zum Schluss gab Kia noch den Tipp, dass sie am Ende der Mail alles noch einmal ganz kurz zusammenfasse.
Sonntag 15:00-15:45 Uhr – Weltenbau zwischen Wissenschaft und ISSO
In meiner letzten Session brachte Joy (@Joy_Anandi) noch einen neuen Blickwinkel in meine festgefahrenen Autorenmuster. Wie kann man verschiedene Rassen evolutionär erklären?
Zwerge waren dabei noch die leichteste Disziplin; auch Feen konnten (über Flugdrachen) recht leicht erzeugt werden, aber dann ging es los. Das größte Problem; das schwarze Loch: ZENTAUREN! Diese netten, muskelbepackten Pferd-Mensch-Wesen wollten sich einfach nicht evolutionieren lassen, so sehr wir uns auch mühten. Die Diskussionsrunde führte über das Verdauungssystem eines Mensch-Pferd-Zusammenschlusses zur Frage, wohin der Zentaur geht, wenn er mal zum Arzt muss (Tierarzt oder Menschenarzt?), bis wir uns schließlich aus Zeitdruck darauf einigen mussten, dass ein Zentaur nur durch kranke wissenschaftliche Experimente erstellt werden kann.
Das waren auch schon alle Sessions, die ich besuchen konnte!
HIER findet ihr eine Übersicht über alle angebotenen Sessions und könnt sie bei Interesse dann eventuell auf YouTube finden.
Die Verpflegung 
war super lecker und vollkommen vegan. Am ersten Tag gab es Maultaschen und Kartoffelsalat und am Sonntag Burger mit Jack Fruit 🙂
Zu Frühstück und Abendessen kann ich leider nichts sagen, weil ich da sehr gut von meiner lieben Oma versorgt worden bin (auch vegan, wenn ich so drüber nachdenke, aber bestimmt nicht so bewusst :D).
Außerdem gab ich (fast) jederzeit Slush Eis in den Sorten Himbeere und Limette (von dem Limette offensichtlich das beliebtere war, ich hab mir nur einmal ganz früh am Sonntagmorgen einen Becher sichern können). Und kühle Getränke, Kaffee und Tee gab es ebenfalls zur Genüge.
Alles andere, was mir noch einfällt, was aber nirgends rein passt
Die Lage vom DEZERNAT 16 ist echt spitze. Wenige Minuten nur bis zum Hauptbahnhof, zwei Straßenbahnstationen direkt vor der Nase und eine Tankstelle (für alle, die mit dem Auto gekommen sind).
Auch die Räumlichkeiten sind sehr praktisch. Ich fand es extrem hilfreich, dass der Sessionplan online gestellt wurde und man über bunte Klebestreifen auf dem Boden in den richtigen Raum gelotst wurde. Idiotensicher, könnte man meinen – ich sag jetzt nichts dazu, dass ich es am Sonntag trotzdem mal geschafft habe, in einem falschen Raum zu stehen 😀
Es gab auch einen Pool zur Abkühlung, eine Netzwerkecke (zum vernetzen :D) und einen Ruheraum. Außerdem fand ich es richtig gut, dass alles freiwillig und nichts Pflicht war. Wenn einen mal wirklich gar nichts angesprochen hat oder es einem zu viel wurde, konnte man ohne Probleme Pause machen.
Die Menschen auf den LitCamp sind alle sehr nett, aber gleichzeitig auch eine eingeschworene Gemeinschaft, die sich untereinander schon kennt. Für mich war es deshalb eher schwer, Anschluss zu finden, weil ich teilweise noch überfordert vom BarCampKonzept war und mich zurechtfinden musste und ich generell nicht gut darin bin, Menschen anzusprechen. An ein paar twitterbekannten Gesichtern bin ich vorbei gelaufen, hab aber den Mund nicht aufbekommen. Umso mehr hat es mich gefreut, dass ich Lisa (von LISAS BÜCHERLEBEN) und Tony wieder getroffen habe und dass ich Esther (@Inky_Feathers) persönlich kennen lernen durfte, die eine super Büchertauschaktion auf die Beine gestellt hat, an der ich leider aufgrund meines spontanen Auftauchens nicht mehr teilnehmen konnte (aber nächstes Jahr bin ich ganz sicher mit dabei!).
Und ihr?
Wart ihr auch auf dem LitCamp? Was für Erfahrungen habt ihr gemacht?
Oder vielleicht hat es euch ja auch gepackt und ihr sagt euch: Das will ich nächstes Jahr auch erleben! 

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