Hallo zusammen,
im ersten Teil dieser Reihe erzählten euch Verena Reiser und Ana Kohler, wie der Arbeitsalltag im Hörverlag momentan aussieht. Vergangene Woche berichtete Lisann Matusek, wie es sich in einem beinahe ausgestorbenen Verlag arbeiten lässt.
Heute erfahren wir mehr über den Argon Verlag. Marie Steinert u.a. zuständig für die Zusammenarbeit mit Blogger*innen hat sich die Zeit genommen und meine Fragen beantwortet.
Bevor wir zum Interview kommen, gibt es aber erst einmal ein paar Infos über den Argon Verlag.
Bild von Argon Verlag
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Über den Argon Verlag
Der Argon Verlag, mit Sitz in Berlin, gehört zur Verlagsgruppe Georg von Holtzbrink zu der u.a. auch der Droemer Knaur Verlag oder der Fischer Verlag gehören. Der Programmschwerpunkt des Verlages liegt bei Lesungen von Belletristik.
Früher wurden im Argon Verlag auch Bilderbücher oder Liebesromane hergestellt. Seit 2005 ist der Argon Verlag aber ein reiner Hörbuchverlag.
Argon Verlag
Das Interview
Liebe Marie, aktuell arbeitet das Team des Argon Verlags im Home Office. Wie organisiert ihr euch von dort aus?
Die meisten Aufgaben lassen sich dank guter Technik und der passenden Tools sehr gut von zu Hause aus lösen. Den Kontakt untereinander halten wir über Videokonferenzen. In ein bis zwei größeren Runden, in denen wir uns abteilungsübergreifend auf dem Laufenden halten und dann noch mal in mindestens einer festen Runde pro Abteilung. Bei Bedarf schließen wir uns aber auch telefonisch schnell in kleineren Runden zusammen. Außerdem ist auf jeden Fall immer eine Mitarbeiterin vor Ort, um den Posteingang zu überwachen und Dinge zu erledigen, die nur im Büro möglich sind bzw. diejenigen ohne VPN mit Material zu versorgen. Darüber hinaus sind auch ca. 4-5 weitere Kollegen regelmäßig im Büro – jedoch nie mehr als 1 pro Raum – und achten auf Sicherheitsabstände.
Die Arbeit in den Studio geht derzeit auch unter den neuen Abstandsregeln und verschärften Hygienemaßnahmen weiter. Der Sprecher sitzt ohnehin getrennt vom Tonmeister in seiner eigenen isolierten Kabine. Wenn eine Regie mit dabei ist, achten wir natürlich auf den vorgeschriebenen Abstand zwischen Regie und Tonmeister oder machen sie per Videoschalte. Ein bisschen komisch und überdistanziert fühlt sich das am Anfang schon an, allein dass man sich nicht die Hand zur Begrüßung geben kann. Aber man gewöhnt sich – wie im Alltag auch – sehr schnell daran.
Welche Aufgaben lassen sich im Home Office gut umsetzen? Was würdest Du lieber vom Büro aus regeln?
Die Textarbeit und die Vorbereitung von Aufnahmen laufen zuhause tatsächlich konzentrierter als im Büro – wenn man nicht gerade Kinder hat, die wegen der Schul- und Kitaschließungen auch ihre Aufmerksamkeit einfordern. Über die Videokonferenzen lassen sich tatsächlich gut Absprachen treffen und wichtige Fakten übermitteln. Wobei der kurze Gang über den Verlagsflur hinweg und eine schnelle Klärung von irgendeiner kleinen Frage jetzt natürlich nicht mehr geht, sondern immer ein Telefonat oder ähnliches nötig macht. Wir befinden uns gerade in der Vorbereitung der Vorschau und der ganzen Exporte für die Handelsplattformen, schon von sich aus eine sehr knapp terminierte Angelegenheit. Hier fehlt mit tatsächlich die Möglichkeit, Papier in den Händen zu halten und die Möglichkeit zu haben, die Anmerkungen, Vorschläge und Korrekturen der Kollegen gesammelt direkt auf dem Papier zu sehen und zu evaluieren. Da verliert man in der rein digitalen Ansicht doch leichter den Überblick.
Da die Leipziger Buchmesse abgesagt werden musste, seid ihr gar nicht dazu gekommen, euer Herbstprogramm vorzustellen. Auf welche Titel dürfen wir uns freuen?
Ich freue mich ganz besonders auf Oktoberfest 1900 von Petra Grill, das im August erscheint. Wir sind gerade noch mitten in der Aufnahme. Ein toller Hör-Schmöker über ein »Schankmädel«, das beschließt sich nicht mehr nur mit Trinkgeldern abspeisen zu lassen. Tatsächlich bekamen damals die wenigsten Kellnerinnen ein Festgehalt, sondern waren auf das Wohlwollen der Zecher angewiesen. Das sie sich auch noch mit sehr weit gehenden Gefälligkeiten erkaufen mussten. Lisa Maria Potthoff, bekannt als Susi aus den Eberhofer-Krimis, liest das gerade mit viel Gespür für Münchner Eigenarten für uns ein.
Gibt es auch Titel, die aufgrund der aktuellen Situation zu einem anderen Zeitpunkt erscheinen?
Ja, es gibt durchaus ein paar Titel, die von den Buchverlagen verschoben worden sind, da sie wohl in diesen bewegten Monaten doch untergehen würden. Manche sind nur um ein paar Monate verschoben, einige wenige sogar um ein ganzes Jahr. Wir gehen das natürlich mit.
Gibt es einen Titel, der es leider nicht zum Spitzentitel geschafft hat, aber trotzdem mehr Aufmerksamkeit verdient hat?
Im Grunde gut von Rutger Bregman ist ein sehr versöhnliches Hörbuch, das ich jedem ans Herz legen würde, der manchmal am Zustand der Welt verzweifelt und nach neuer Zuversicht sucht. Der Historiker und Journalist zeichnet die Menschheitsgeschichte als eine der fortschreitenden Kooperation und des wachsenden Miteinanders. Und macht so Mut, sich auch selbst wieder stärker positiv zu engagieren. Die charismatische Lesung von Julian Mehne ist bei uns zunächst nur digital erschienen, tauchte deshalb nicht in der letzten Vorschau auf. Die überwältigende Resonanz zeigt aber, dass sie nicht nur bei uns genau in Herz und Hirn getroffen hat.
Und zum Schluss interessiert mich: Welcher Titel liegt Dir besonders am Herzen?
Stadt der Nachtigallen ist ein kurzes, wunderbar eigentümliches und lange nachhallendes Feature-Projekt, das mir in den letzten zwei Wochen sehr viel Freude bereitet hat. Den Vögeln, ihrer Geschichte und dem Musiker David Rothenberg zu lauschen, der sich in den Kopf gesetzt hat, mit ihnen in den Berliner Parks zu musizieren – das hat mich ganz weit weggetragen von der ganzen Corona-gefüllten Atmosphäre. Und richtig glücklich gemacht!
Was eine schöne Idee und dieses Interview hat mir ein neues Hörbuch auf der Wunschliste beschert 🙂 "Stadt der Nachtigallen" klingt ganz wunderbar und könnte etwas sein, das mich einnimmt. Ich bin gespannt und danke dir, liebe Emma, für dieses schöne Interview.
LG
Sandra
Liebe Sandra,
das freut mich tierisch, dass Dir das Interview gefallen hat und Du einen HÖrbuchtipp für Dich mitnehmen konntest. Dann hat der Beitrag seinen Zweck auf jeden Fall erfüllt. Den Titel werde ich mir übrigens auch mal genauer anschauen.
Ich wünsche Dir ein schönes Litnetzwerk-Wochenende!
viele Grüße
Emma
Sehr gerne 🙂 Und dann bin ich schon mal gespannt, wie dir die Nachtigallen gefallen – falls du sie hörst.
Liebe Grüße
Sandra