Türchen 11: Harald

Ein Kranz in dessen Mitte eine 11 steht.Lieber Harald,

du musstest jetzt geschlagene zehn Tage durchhalten. Wahrscheinlich hast Du Dich schon gefragt, ob Du überhaupt auf meiner Liste stehst.
Aber glaub mir: Obwohl ich alte Schachtel hier in der Residenz wohne, funktionieren meine grauen Zellen mindestens genauso gut wie Deine.
Horch, wie Du bereits mitbekommen hast, bin ich verschwunden und hinterlasse eine Flut von interessanten Botschaften.
Da Du die Musik liebst, habe ich eine musikalische Botschaft für Dich versteckt.

Wende Dich vertrauensvoll an Herrn Pelzer. Er soll endlich die weihnachtliche Playlist im Foyer anwerfen. Wenn dann das Lied »Sleigh Ride« von Amy Grant abgespielt wird, achte bitte, von welchem Fahrzeug hier die Rede ist. Denn ihr werdet es benötigen, um mich zu finden.

Ja, schau mich nicht so böse an. Ich weiß genau, dass Du kein Wort Englisch verstehst. Aber genau an dieser Stelle kommen Deine Mitspieler zum Zug. Du kannst Dich gerne mit Herrn Pelzer, Marina und Renate zusammentun. Sie wissen von meinem Plan und haben ebenfalls eine Nachricht mit Hinweisen erhalten.

Bis zum Heiligen Abend,

Marlene

11. Dezember

Die Drohne in Form einer Schneeeule hatte ihn bereits verlassen. Marlene mochte die gemeinsame, magische Vergangenheit.
Na, immerhin hat sie mir nicht Errol gebucht, grinste Harald in sich hinein. Die Kopie einer Eule der Weasleys wäre wahrscheinlich an der geschlossenen Fensterscheibe gescheitert.

Seine Nachricht war handschriftlich angefertigt und zusammengerollt worden. Irgendjemand, vermutlich Marlene, hatte sie dann der technischen Eule um den Fuß gebunden. Allerdings nicht etwa mit einem harmlosen Band.
Mittlerweile gab es Magnetringe, die nur von demjenigen geöffnet werden konnte, an den die Nachricht adressiert war. Und Marlene hatte weiß Gott genügend Möglichkeiten gehabt, seine Fingerabdrücke einzuspeichern, damit die Sicherheitseingabe auch bei ihm funktionierte.
»Ich hätte ihr nicht so oft mit der Technik helfen sollen«, murmelte Harald.
Aber er musste anerkennen, dass die Idee mit dem elektronischen Band auch gar nicht mal so schlecht war.
Er legte den Brief beiseite, schnappte sich seinen Gehstock, der die Farbe einer Zuckerstange angenommen hatte, und machte sich auf den Weg von seinem Zimmer zurück in den Aufenthaltsraum. Die Mittagsruhe war beendet und Herr Pelzer musste nun wieder an seinem Arbeitsplatz anzutreffen sein.

Und so war es tatsächlich.
Als Harald das Foyer betrat, saß der Mann wie gewohnt an seinem Platz hinter der Rezeption.
»Oh, haben Sie die weihnachtlichen Requisiten ausgepackt?«, fragte Herr Pelzer, als er Haralds Gehstock erblickte.
»Ja, ich dachte mir, es wird langsam aber sicher Zeit.« Harald ließ sich auf seinem Sessel nieder.
Sollte er den Mann gleich einweihen? Was war, wenn er noch gar nichts davon wusste, dass sie nun gemeinsam in einer Mannschaft spielten?

Nein, ich möchte ihm die Überraschung nicht verderben.
Also fragte er betont beiläufig: »Wie wäre es, mit etwas weihnachtlicher Musik?«
»Sehr gerne. Ich habe vorhin unsere weihnachtliche Musiksammlung zusammengestellt. Haben Sie irgendwelche speziellen Wünsche?«, fragte Herr Pelzer.
Harald winkte ab. Ihm war der Titel von Marlenes Musiktipp entfallen. So begann die weihnachtliche Musik. Nach etwa fünf Liedern fiel Harald auf, dass es sich nur im Instrumentalstücke handeln musste. Bisher hatte er noch keine Sänger oder Sängerinnen vernehmen können.
Ach, Marlene. So viel also zu Liedtexten.
»Jetzt kommt >Sleight Ride<. Marlenes Lieblingslied. Wo sie wohl gerade ist?«, fragte Herr Pelzer gedankenverloren.
Harald war hellwach. Woher wusste Herr Pelzer, dass es sich hierbei um Marlenes Lieblingslied handelte? Und hatte er »sleigh« oder »sleight« gesagt? Gab es überhaupt einen Unterschied zwischen diesen Wörtern?

Diese Sprache bringt mich noch um Kopf und Kragen, dachte Harald seufzend. Herr Pelzer hat einfach ein unheimlich gutes Gedächtnis. Und er bekommt wohl mehr mit, als ich. Obwohl wir beide ziemlich oft in diesem Raum sitzen.
Harald konzentrierte sich. Die Melodie war fröhlich. Die ersten Klänge waren mit klingelnden Glöckchen verziert.
Kein Wunder, dass Marlene das Lied mag. Es macht Freude auf das Weihnachtsfest, dachte Harald.
Doch was hatte es mit dem Text auf sich? Hatte sie ihn nur hereinlegen wollen? Oder meinte sie vielleicht ein anderes Lied, das weder Harald noch Herr Pelzer kannten?

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6 Gedanken zu „Türchen 11: Harald“

  1. "Come on, it's lovely weather for a SLEIGH RIDE together with you!" Hah! Eine Schlittenfahrt mit Marlene, oder zu Marlene? Wo beginnt, wo endet sie? Nicht Marlene, sondern die Schlittenfahrt…

    die Grafikerin

    Antworten
  2. Tja, liebe Grafikerin, zum Glück beherrschst Du die englische Sprache.
    Der Mensch, der diesen Hit bei YouTube hochgeladen hat, tut das nämlich offenbar nicht. Und beinahe hätte ich Dich jetzt gespoilert, aber nein, ich kann mich noch beherrschen. Ab Morgen geht es jedenfalls ab – oder spätestens übermorgen.
    Ich freue mich schon ziemlich darauf.

    viele Grüße von einer Emma mit Schlafmangel.

    Antworten
  3. Liebe Daniela,

    was das Teamplay betrifft: Lass Dich überraschen. Und die "sleigh" oder "sleight" Debatte wurde bei uns daheim sehr ausführlich geführt. Ich habe in dem verlinkten Video nämlich wirklich zuerst "Sleight" gelesen und war dann sehr irritiert. Dann haben wir ein altes Liederbuch aus dem Regal geholt und dort nachgeschaut. Da stand dann "sleigh". Aber ich dachte, es wäre eine witzige Situation, die man trotzdem in die Geschichte einbauen kann.

    viele Grüße

    Emma

    Antworten

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