Ich hätte Fußballfan werden sollen!

Eine Frau, die aus dem Fenster schaut. Sie blickt auf eine Gedankenblase in der "Gedacht" steht.
Foto: Emma Zecka

Jedes Mal, wenn eine Buchmesse zu Ende ist oder eine neue Bundesliga Saison beginnt, denke ich mir zähneknirschend: Ich hätte Fußballfan werden sollen!
Wie ich auf diesen verrückten Gedanken komme und warum mein Herz trotzdem lieber für die Literatur schlägt, erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Das Positive am Fußball im Vergleich zur Literatur

Kommen wir zuerst zu den positiven Punkten:

Es gibt nur eine bestimmte Anzahl an Vereinen

Für viele Fußballfans zählen sowieso nur die Vereine, die in der erste Bundesliga spielen. Und die erste Bundesliga enthält achtzehn Plätze. Sechszehn Mannschaften können sich dauerhaft in dieser Liga halten. Die zwei schlechtesten Mannschaften müssen für eine Saison in die zweite Bundesliga absteigen. Ihr lest: Es gibt also nur eine gewisse Anzahl an Vereinen, die im Fußballuniversum eine nennenswerte Rolle spielen.

Jetzt schauen wir uns mal die Literaturwelt an: Und da zeigt sich schnell, dass die Literaturwelt für Nicht-Germanisten einen kleinen Kraut-und-Rüben-Eindruck erweckt. Natürlich gibt es bekannte Genres wie beispielsweise Fantasy, Sciene-Fiction oder den klassischen Krimi. Aber dann haben diese Genres natürlich noch Untergruppen.

Für Laien gibt es keine klare Ordnung in diesem Genrewald. Fantasy ist nicht einfach nur Fantasy, sondern kann auch zur Phantastik gezählt werden, zu der auch Sciene-Fiction und beispielsweise Dystopien gehören. (Fragt mich jetzt bitte nicht, wie ich darauf komme. Leider ist mir die Quelle gerade abhanden gekommen).

Und nur, weil man ein Genre liest, heißt das nicht, dass man auch gleich alle Bücher aus dem Genre verschlingt. Manche Buchlinge sind nur in Untergenres zu finden und lesen beispielsweise am liebsten Romantasy Bücher, Fantasybücher mit einem Hang zur Romantik, während andere Fantasy Leser ausschließlich High Fantasy bevorzugen. Und somit ist Fantasy Fan nicht gleich Fantasy Fan.

Und dann gibt es noch diese merkwürdigen Gruppen wie Gegenwartsliteratur oder die Geschichten, die einfach nur den Stempel Roman aufgedrückt bekommen. Was soll man damit anfangen? Wenn ich jemandem erzähle, dass ich gerne Romane lese, kann er sich beim besten Willen nichts Konkretes darunter vorstellen. Und auch mir fällt es bei Rezensionen immer wieder schwer, manche Geschichten in bestimmte Schubladen zu stecken.

Der Fußballfan hat es da schon etwas einfacher: Entweder er mag den FC Bayern oder favorisiert eben einen anderen Verein. Meistens solidarisieren sich Fans von anderen Vereinen aber miteinander, wenn es darum geht, den Bayern eins auszuwischen. Schließlich wird der Fußball ja langweilig, wenn die Bayern ständig alle Preise abräumen.

Es gibt nur eine bestimmte Anzahl bekannter Fußballspieler

Nicht jeder Spieler von jedem Fußballverein bekommt gleich viel (mediale) Aufmerksamkeit. Es gibt aber Namen, die jeder, ob Fußballfan oder nicht, zumindest schon mal gehört hat. Hier steht die Gemeinschaft im Vordergrund: Man kann die Leistung eines Spielers einschätzen, sich darüber austauschen, ob ein Wechsel zu einem bestimmten Verein jetzt taktisch gut oder schlecht war, oder manchmal auch einfach ein schräges Interview oder ein unfreiwillig komisches Zitat von einem Spieler belächeln. Man kennt den Spieler, seine Stärken und Schwächen. Genauso wie die Buchlinge dieser Welt Autoren oder Buchcharaktere nicht mehr loslassen können, gibt es eben Fußballfans, die nie genug über ihren Lieblingsspieler erfahren können.

Bei den Autoren verhält es sich fast wie mit den Genres: Es gibt Autoren, wie Sand am Meer. Und nur eine Hand voll Autoren bekommt große mediale Aufmerksamkeit. Das Blöde an der Geschichte ist, dass es noch lange nicht heißen muss, dass die bekannten Autoren auch wirklich die beliebten Autoren sind. Beispielsweise fällt mir – abgesehen von J.K. Rowling – keine andere gemeinsame Lieblingsautorin oder kein anderer Lieblingsautor ein, den ich mit meinem Ge(h)folge teile.

Man sieht sich öfter und regelmäßiger

Wenn keine Sommer- Winterpausen, Länderspiele oder Europa- oder Weltmeisterschaften, oder andere Wettbewerbe dazwischen funken, gehört das Wochenende den Fußballfans. Jede Mannschaft spielt also einmal die Woche. Entweder im eigenen Stadion oder auswärts. Das heißt, man kann sich mit anderen Fans treffen und sich über das Spiel austauschen. Das muss nicht zwangsläufig immer direkt im Stadion sein, sondern kann auch in einer Kneipe stattfinden.

Je nach Größe des Vereins kann man auch mit Spielern oder Mitarbeitern des Vereins nach einem Spiel ins Gespräch kommen. Und das sorgt für Gemeinschaft.

Buchmessen hingegen gibt es nur zweimal im Jahr: Im Frühjahr in Leipzig und im Herbst in Frankfurt. Die Städte sind ganz gut gewählt, da Frankfurt recht zentral ist und die Buchlinge aus dem Norden mit Leipzig gute Karten haben. Allerdings muss man für die Buchmessen auch erst einmal Urlaub bekommen. Je nachdem in welchem Beruf man arbeitet, ist das dann kaum möglich. Außerdem werden an Buchmessen ziemlich viele Veranstaltungen geboten. Man muss sich also entscheiden: Möchte man lieber an Veranstaltungen teilnehmen, oder die Menschen wiedersehen, die man sonst unter dem Jahr nicht zu Gesicht bekommt? Je nachdem, wie gut man vernetzt ist, ist die Warteschlange an Menschen, die sich mit einem auf der Buchmesse treffen wollen, lang. Viel Zeit für ein persönliches Gespräch bleibt dann also nicht.

Mittlerweile gibt es aber Ausweichmöglichkeiten: Barcamps werden immer beliebter und auch die ein oder anderen Verlage haben regelmäßige, jährliche Veranstaltungsreihen etabliert, die es Buchlingen ermöglichen, sich außerhalb von Buchmessen zu sehen. Doch ist es für viele Buchlinge auch eine Geldfrage, ob sie sich Literaturveranstaltungen außerhalb der Buchmessen leisten können. Mein Ge(h)folge setzt da beispielsweise ganz klare Prioritäten: Die Frankfurter Buchmesse muss sein. Die Leipziger Buchmesse ist ihnen schon zu weit weg. Auch die lit.love, das Lesefestival der Verlagsgruppe RandomHouse in München, was nicht ausschließlich für Liebesroman LeserInnen geeignet ist, finden sie beispielsweise bei weitem nicht so interessant.

Es gibt regelmäßige weltweite Wettbewerbe

Das Highlight für die Fußballfans ist dann natürlich die regelmäßig stattfindenden Europa- oder Weltmeisterschaften. Und da werden auch mal regionale Rivalitäten vergessen. Denn es gibt nur noch die eine Mannschaft: Nämlich die Nationalmannschaft des jeweiligen Landes. Und so eine Europa- oder Weltmeisterschaft dauert meist einen Monat. Einen Monat, an dem fast jeden Tag mehrere Fußballspiele stattfinden. Natürlich spielt nicht immer der eigene Favorit, aber das ist egal: Es geht um Fußball und da gibt es eben noch andere Mannschaften, denen man gerne auf dem Platz zuschaut.

Das Einzige, was meiner Meinung nach annähernd vergleichbar mit einer EM oder WM ist, sind die Buchmessen. Aber stellt euch mal vor, es gäbe eine Buchmesse, die vier Wochen ginge. Das wäre ein Albtraum für den Veranstalter und die Besucher. Einige Teilnehmer oder Besucher sind ja manchmal schon nach 1-2 Messetagen gesundheitlich angeschlagen oder meiden das Messewochenende, wenn die Buchmesse auch für Privatbesucher zugänglich ist. Wie sähe das dann bei einem ganzen Messemonat aus?

Warum mein Herz trotzdem für die Literatur schlägt

Wer diesen Blog schon etwas länger verfolgt, oder einen Blick auf den Header wirft, kann dort erkennen, dass Bücher hier eine größere Rolle spielen, als der Fußball. Und das ist auch gut so.

Sie benennt Themen

Autoren erzählen Geschichten und sprechen dabei Themen an, die bewegen und mal mehr und mal weniger für Austausch sorgen. Das Gute ist, ich kann mir aussuchen, mit welchem Thema ich mich genauer beschäftigen möchte. Ich muss mich hier nicht auf einen bestimmten Bereich festlegen.

Autoren entführen mich in fremde Welten

Ich möchte meinen Horizont nicht immer erweitern und neue Ansichten oder Positionen kennenlernen. Manchmal möchte ich auch einfach nur dem Alltag entfliehen und mich mit Themen von fiktiven Charakteren auseinandersetzen. Und das ermöglicht mir die Literatur. Ich weiß, wenn mir die Geschichte auf die Nerven geht, lege ich sie einfach beiseite. Wenn ich einen Freund, der mich nervt, zu oft ignoriere, kann ich die Freundschaft an den Nagel (oder das Kreuz? Wer weiß das schon….) hängen.

Die Literatur regt zu Diskussionen an

Eine Geschichte kann auf so viele verschiedene Weisen verstanden werden. Was dem einen Buchling gefällt, kann den anderen Buchling zur Weißglut bringen. Aber woran liegt das? Und genau darüber können Buchlinge dann diskutieren, sofern sie sich für den Austausch mit anderen Buchlingen interessieren. Und man muss hierbei nicht immer an der Geschichte an sich bleiben, sondern kann sie vielleicht auch auf das eigene Leben oder eigene Erfahrungen beziehen.

Buchmessen sind inspirierend

Für mich, die später nicht zwingend im Literaturbetrieb arbeiten möchte und dafür auch gar nicht die passende Ausbildung mitbringt, dienen Buchmessen nicht der Vernetzung. Buchmessen erlebe ich als unglaublich inspirierend. Ich kann mir entweder Diskussionsrunden oder Interviews mit meinen Lieblingsautoren anschauen, mich mit meinen Ansprechpartnern von meinen Lieblingsverlagen treffen und mir von kommenden Neuerscheinungen erzählen lassen, oder mich mit dem Thema Schreiben beschäftigen. Die Buchmessen bieten hier ein buntes Programm. Und jedes Mal komme ich mit neuen Ideen von einer Messe zurück und bin einfach nur glücklich und dankbar für die angenehme Zeit.

Mein Fazit

Obwohl mein Umfeld zwangsläufig dafür gesorgt hat, dass ich zum passiven Fußballfan wurde, gehört mein Herz trotzdem der Literatur. Ich liebe das, was in Geschichten ausgedrückt wird und möchte den Austausch über Geschichten auf keinen Fall missen.

Und Du?

Für was schlägt Dein Herz?
Gehört Dein Herz ebenfalls der Literatur?
Oder gibt es ein anderes Hobby in das Du Zeit, Geld und Liebe investierst

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