Der Inhalt
Das ist der erste Roman von Melanie Raabe, den ich gehört habe, bei dem es sich nicht um einen klassischen Thriller handelt. Dabei klang für mich zu Beginn noch alles nach einem klassischen Thriller Setting.
Wir lernen die erfolgreiche Schauspielerin Ellen kennen, die sich nach einer Theateraufführung beobachtet fühlt. Gern möchte sie sich mit ihrem besten Freund Anthony darüber austauschen, muss aber feststellen, dass ihr Freund plötzlich gestorben ist. Also ist sie allein in Berlin, fühlt sich einsam, obwohl sie viele Bekannte hat.
Nico ist Ellens vorübergehende Nachbarin. Beide begegnen sich durch Zufall und Nico hat sofort das Gefühl, dass sie etwas mit der Schauspielerin verbindet. Jedoch kann sie es sich nicht erklären. Immerhin kannte sie Ellen zuvor nicht.
Als Ellen spurlos verschwindet und Nico eine Nachricht bekommt, wird ihre Neugier geweckt. Wo ist Ellen? Und warum hat sie ausgerechnet ihr eine Botschaft geschickt?
Lange habe ich nicht verstanden, worauf die Handlung hinausläuft. Das kommt davon, wenn man keine Klappentexte liest. Für mich war kein klares Ziel in der Handlung erkennbar. Wir folgen den beiden Frauen lange durch ihren Alltag, finden heraus, mit welchen Themen sie sich beschäftigen und wovor sie Angst haben. Das Thema Verschwinden spielt in den Leben beider Frauen eine große Rolle. Melanie Raabe arbeitet so die verschiedenen Facetten gut heraus: Eine von ihnen möchte sich am liebsten in Luft auflösen, während die andere hofft, noch möglichst lange gesehen zu werden.
Was mich etwas erstaunt hat waren die verschiedenen Handlungsorte an denen der Inhalt spielt. Wir bleiben nämlich nicht nur in Berlin. Einerseits passte das zur Handlung, andererseits ertappte ich mich dabei, wie mich die Handlungsorte von dem eigentlichen Thema ablenkten: Die Figuren und ihre Entwicklung.
Das Thema Verschwinden und die Frage ob es so etwas wie Seelenverwandtschaft gibt, hat Melanie Raabe in Die Kunst des Verschwindens gut aufbereitet und auch so beantwortet, dass sich für mich ein Kreis geschlossen hat. Dennoch hatte ich den Eindruck, dass mir ein Teil der Handlung verborgen blieb und ich noch nicht alle Aspekte der Handlung erfassen konnte. Leider kann ich nicht festmachen, woran es liegt.
Spannend fand ich, dass es diesmal Elemente an der Handlung gab, die für mich etwas von magischen Realismus hatten. So beginnt eine Figur ihr Aussehen zu verändern, aber scheinbar auf natürliche Weise.
Die Figuren
Mit Ellen und Nico hat Melanie Raabe zwei unterschiedliche Hauptfiguren geschaffen, die ich sehr gern begleitet habe:
Ellen machte auf mich einen zurückgezogenen Eindruck. Es wird schnell klar, dass ihre Geschichte vor der eigentlichen Geschichte beginnt. Ich habe es selten bei Figuren erlebt, dass sie schon eine Geschichte mitbringen, bevor die eigentliche Geschichte beginnt. Interessant fand ich hier, dass mir die Infos nicht gefehlt haben, sondern ich neugierig darauf war, welchen Teil ihrer Vergangenheit wichtig für den Roman ist.
Was Ellen als Figur ausmacht ist: Wenn sie etwas will, setzt sie alles daran, das auch in die Tat umzusetzen.
Nico hingegen scheint deutlich bescheidener zu sein. Sie scheint ein normales Leben zu führen, hat einen Beruf, der ihr Freude bereitet, eine Clique mit der sie sich wohlfühlt und einen Freund mit dem sie sehr gern zusammenziehen möchte. Wäre da nicht Kurt, der ihr Leben auf den Kopf stellt. (Als endlich das Geheimnis um Kurt gelüftet wurde, fand ich die Wendung eine Mischung aus tragisch und auch irgendwie genial).
Auch Nico weiß was sie will, nimmt sich zu Beginn der Handlung zum Wohl anderer Leute zurück, lernt aber zu sich zu stehen. Das fand ich eine schöne Entwicklung für Nico als Figur.
Die Hörbuchgestaltung
Das Hörbuch wurde ungekürzt und ausschließlich als Download im Hörverlag produziert. Ich finde es etwas schade, dass der Titel nicht auch auf CD erschienen ist. Inzwischen ist es jedoch so, dass nur noch wenige Menschen einen CD Player haben und somit die Zielgruppe, die sich ein Hörbuch ins Hörbuchregal stellt, deutlich kleiner geworden ist. Von daher kann ich es nachvollziehen, dass man sich hier für einen Downloadtitel entschieden hat.
Das Hörbuch wurde von Alina Vimbai Strähler, Heike Warmuth und Isabelle Redfern gelesen. Leider gab es im Hörbuch kein Intro, in dem aufgeklärt wird, wer welche Rolle liest. Die Frauen haben angenehme Stimmfarben, die sich gut ergänzen. Die Sprecherin, die in Nicos Rolle schlüpft hat eine hellere Stimmfarbe und arbeitet Nicos Energie gut heraus.
Die Sprecherin, die in Ellens Perspektive schlüpfte, brachte uns eine Frau näher, die in sich gekehrt ist. Es gibt Menschen, die ihr wichtig sind. Dennoch wünscht sie sich nichts sehnlicher als einen Neuanfang. Dieses Introvertierte aber trotzdem Aufmerksame hat die Sprecherin gut in Worte fassen können.
Über die dritte Figur verrate ich an dieser Stelle nicht viel. Je nachdem wie streng ihr mit Spoilern seid, müsste ich nämlich einen wichtigen Teil des Inhalts vorwegnehmen.
Der Schreibstil
Diesmal hat mich Melanie Raabe mit ihrem Schreibstil etwas überrascht. Was ich an der Autorin sehr gern mag ist ihre Sprache. Das war auch ein Grund warum ich Die Kunst des Verschwindens hören wollte, weil ich wieder Lust hatte, eine Handlung zu hören, die von Melanie Raabe erzählt wird.
Was ich für die Autorin ungewöhnlich fand war, dass aus meiner Sicht viel erzählt wurde. Wir reisen mit den Figuren zwar umher. Jedoch findet die eigentliche Handlung in Form von Dialogen statt. Mal erzählt Ellen ihre Geschichte, mal Nico ihre. Durch Melanie Raabes Schreibstil wurden die Dialoge zwar in eine schöne Sprache verpackt. Dennoch hat mir, im Vergleich zu anderen Romanen der Autorin, etwas die aktive Handlung gefehlt.
Was ich beispielsweise spannend gefunden hätte: Nicos und Ellens Geschichte in zwei Zeitsträngen zu erzählen, die dann zusammenlaufen. Allerdings hatte das dann den Schwerpunkt der Handlung verlegt und auch ein anderes Erzähltempo bedeutet. Melanie Raabe hat bereits einige Romane geschrieben und ich bin mir sehr sicher, dass sie gute Gründe hatte, die Handlung so zu erzählen, wie sie sie erzählt hat. Deswegen bin ich auch hin- und her gerissen, was meine Kritik betrifft, weil es keine schlechte Handlung, oder kein schlechter Schreibstil ist, sondern einfach etwas, das ich noch nicht ganz begreife.
Gesamteindruck
Die Kunst des Verschwindens erzählt von zwei Frauen, die herausfinden, was sie wirklich im Leben wollen. Wir begleiten sie dabei, wie sie sich ihrem Ziel Stück für Stück nähern. Wer Melanie Raabe vor allem aufgrund ihrer Thriller mag, bekommt hier auch einen spannenden Aspekt geboten. Jedoch liegt der Schwerpunkt der Handlung auf etwas anderem.
Die Kunst des Verschwindens ist ein Hörbuch mit spannenden Figuren und interessanten Themen, das ihr euch unbedingt einmal anschauen solltet.
Infos zum Hörbuch
Die Kunst des Verschwindens
Geschrieben von: Melanie Raabe
Gelesen von: Alina Vimbai Strähler, Heike Warmuth und Isabelle Redfern
Bewertung: 3 von 5 Herzen
Bei meiner Lieblingsbuchhandlung bestellen.
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Alina Vimbai Strähler
Heike Warmuth
Isabelle Redfern