Das Erwachen der Senorita Prim

Das Hörbuchcover von "Das Erwachen der Senorita Prim"
Bild von HörbuchHamburg Verlag

Der Inhalt

Der Einstieg in die Handlung hat mir wirklich gut gefallen, weil ich glaubte, zu wissen, was mich in dem Hörbuch erwartet: Wir lernen Senorita Prim kennen, die auf dem Weg zu ihrem neuen Arbeitgeber ist. Dort soll sie sich um die Hausbibliothek kümmern und diese neu sortieren.

Als sie das Haus ihres Arbeitgebers erreicht, sieht sie ihn direkt bei der Arbeit: Er unterrichtet eine Gruppe Kinder. Das Überraschende: Der Senorita wird bewusst, dass die Kinder viel weiter sind als andere Kinder im selben Alter. Sie fragt sich, wo sie hier nur gelandet ist.

Deutlicher hätte Natalia Sanmartin Fenollera nicht zeigen können, dass hier zwei Welten aufeinander prallen. Ich fragte mich, was die Welt der Senorita Prim ausmachte und ob es eine Möglichkeit gab, dass sie sich in dem Dorf einlebte und die Dorfbewohnenden etwas von ihr lernen konnten bzw. sie etwas von der Mentalität des Dorflebens mitnehmen konnte.

Jedoch stellte sich für mich schnell heraus, dass ich große Mühe mit der Handlung hatte, weil mir der rote Faden in der Handlung fehlte. Normalerweise finden wir zu Beginn einer Handlung heraus, wer die Hauptfiguren sind, was ihre Ziele und Wünsche sind und welche Herausforderung ihnen im Weg steht, um ans Ziel zu kommen. Dadurch stellt sich die Frage, ob wir sie auf ihrer Reise begleiten oder lieber weiterziehen wollen.

Das Erwachen der Senorita Prim wird stattdessen in vielen kleinen Episoden erzählt. Episoden deswegen, weil es aus meiner Sicht nicht das eine zentrale Thema gibt, sondern viele verschiedene Themen angesprochen, aber nicht zu Ende thematisiert werden. Das fand ich irgendwann sehr ermüdend, weil die Diskussionen zwar detailliert geführt werden, aber ich den Eindruck hatte, dass es eher eine Zeitverschwendung ist, da die Diskussionen und die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Themen die Handlung nicht wirklich voranbrachten.

Themen die beispielsweise angesprochen werden sind die Glaubensfrage oder die richtige Mischung nach Vernunft und Gefühl sowie weitere philosophische Themen.

Mir persönlich waren es zu viele Themen: Ich hätte mir gewünscht, dass sich Natalia Sanmartin Fenollera weniger Themen vornimmt und diese auch in die Handlung einbaut, sodass sich die Themen in der Handlung und nicht nur in den Gesprächen zwischen den Figuren zeigen.

Da wären wir direkt beim nächsten Thema: In Das Erwachen der Senorita Prim gibt es keine klassische Handlung. Die Handlung besteht daraus, dass die Figuren irgendwohin gehen und dann über bestimmte Themen diskutieren. Es hat mich sehr an Romane von Jane Austen erinnert, da dort ebenfalls wenig im Außen passiert.

Das Ende ist zwar offen, aber fühlt sich für mich trotzdem abgerundet an. Was ich bis heute nicht verstanden habe ist, welchen Bezug der Titel zur Handlung hat. Für mich war nicht erkennbar wovon die Senorita erwacht. Zudem fand ich, dass sie viele interessante Gedanken eingebracht hat, die von ihrem Arbeitgeber aber größtenteils heruntergeputzt wurden.

Die Figuren

Die Senorita Prim hat ihren eigenen Kopf, weiß was sie will und hat auch keine Mühe das einzufordern. Bisher hat diese Taktik in ihrem Leben sehr gut funktioniert.

Einerseits scheint sie offen für das, was ihr bei ihrem neuen Arbeitgeber begegnet. Sie setzt sich mit den Dingen auseinander, die ihr begegnen, stellt sie in Frage und will sie begreifen.

Andererseits kommt es immer wieder zu Situationen in denen sie sich beleidigt zurückzieht und erst wieder aus ihrem Schneckenhaus herausgeholt werden muss,

Die anderen Figuren habe ich oft miteinander verwechselt, was vielleicht daran liegt, dass die wenigsten von ihnen Namen haben, sondern vor allem anhand ihrer Berufsbezeichnung unterschieden werden. Die Idee an sich finde ich sehr spannend, weil es zeigt, dass man einen Roman erzählen kann, ohne jeder Figur einen Namen geben zu müssen.

Jedoch wünsche ich mir, dass ich die Figuren anhand unterschiedlicher Eigenschaften voneinander unterscheiden kann. Selbst, wenn es nur eine Eigenschaft ist, welche die Figur ausmacht. Das hat mir hier leider gefehlt.

Die Hörbuchgestaltung

Das Hörbuch wurde gekürzt sowohl als CD als auch als Download im HörbuchHamburg Verlag produziert. Normalerweise stehe ich gekürzten Hörbüchern immer kritisch gegenüber, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass eine Handlung funktioniert, wenn man einen Teil aus der Handlung entfernt. Hier hingegen war ich froh, nicht die ungekürzte Version gehört zu haben, weil ich befürchtete, dass ich mich danach nur noch mehr erschlagen gefühlt hätte.

Stefanie Stappenbeck liest die Handlung und interpretiert schlicht. Sie hat eine angenehme und helle Stimmfarbe, der ich gut zuhören kann.

Von ihrer Interpretation war ich diesmal etwas überrascht und muss gestehen, dass sie mir leider nicht so lag. In Das Erwachen der Senorita Prim erwarten uns sehr viele Diskussionen oder Monologe. Hier fehlte mir die Betonung, die für mich zur Dynamik beigetragen hätte. Da ich erst kürzlich ein Hörbuch gehört habe, das ebenfalls von ihr gelesen wird, weiß ich, dass sie genau solche Stellen sehr gut interpretiert. Deswegen bin ich erstaunt, dass sie sich diesmal für eine schlichtere Interpretation entschieden hat.

Der Schreibstil

Was ich an Natalia Sanmartin Fenolleras Schreibstil sehr spannend finde ist, dass sich die Autorin an vielen sprachlichen Bildern bedient und viel von dem was Figuren eigentlich sagen wollen, hinter Diskussionen über andere Themen versteckt.

An dieser Stelle mal ein Beispiel: Zwei Figuren sind so kurz davor, sich ihre Liebe zu gestehen. Stattdessen diskutieren sie aber über etwas völlig anderes, ohne, dass die Worte Ich liebe dich jemals erwähnt werden. Die Handlung bietet also viel Raum zur Interpretation.

Allerdings hätte ich mir mehr aktive Handlung und mehr Erleben als Erzählt bekommen gewünscht. Hinzu kam auch, dass es mir zu viele angesprochene Themen waren. Ich hätte mir weniger Themen gewünscht die dann besser auf die Handlung verteilt werden.

Gesamteindruck

Der Anfang hat mir sehr gut gefallen, weil ich mit einer vielversprechenden Handlung rechnete. Aufgrund der vielen Themen, die zu nichts führten hat mich die Autorin aber verloren, ich denke, es ist sinnvoll, das Hörbuch in einer Hörrunde zu hören oder das Buch in Leserunde zu lesen, da es viel Diskussionsstoff bietet und man nochmal anderes aus dem Inhalt ziehen kann, wenn man sich mit anderen Leuten darüber austauscht

Lieblingszitate

Auch an dieser Stelle dürfen die Zitate natürlich nicht fehlen:

“Ich kann nicht genießen, was ich nicht beherrsche.”
(Das Erwachen der Senorita Prim von Natalia Sanmartin Fenollera, Track 28).

“In gewisser Weise sind wir doch alle das, was wir lesen.”
(Das Erwachen der Senorita Prim von Natalia Sanmartin Fenollera, Track 60).

Infos zum Hörbuch

Das Erwachen der Senorita Prim
Geschrieben von: Natalia Sanmartin Fenollera
Gelesen von: Stefanie Stappenbeck
Bewertung: 2 von 5 Herzen

Bei meiner Lieblingsbuchhandlung bestellen.

Hier erfahrt ihr mehr über Natalia Sanmartin Fenollera. (Der Link führt zur Autorinnenseite).

Hier erfahrt ihr mehr über Stefanie Stappenbeck. (Der Link führt zur Sprecherinnenseite).

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