Der Inhalt
ACHTUNG: Dieses Hörbuch enthält ein Vorwort von Robert Habeck, das die wesentlichen Aspekte von 1984 spoilert. Ich empfehle daher dringend, das Vorwort erst nach Beenden des Hörbuches zu hören. Das Hörbuch beginnt ab Track 10.
Triggerwarnung: körperliche und psychische Folter.
1984 ist einer der Klassiker, den gefühlt alle kennen. Als jemand beim Bücherstammtisch vorschlug, gemeinsam einen Ausflug in das dystopische Abenteuer zu wagen, war ich sofort mit dabei. Außerdem machte mich die Lesung von Christoph Maria Herbst neugierig. Warum die Lesung das Beste an dem ganzen Hörbuch ist, verrate ich euch jetzt.
Der Inhalt ist aus meiner und vor allem der heutigen Sicht langweilig. Das liegt hauptsächlich an zwei Gründen: Die Dystopie ist nicht mehr aktuell und erscheint, verglichen mit anderen, aktuellen Dystopien, wie eine Geschichte, in der sämtliche Klischees aufgegriffen werden. Wenn man allerdings bedenkt, dass Orwell das Buch vor ein paar Jahrzehnten geschrieben hat und somit Vorreiter des Genres Dystopie war, kann ich aber nachvollziehen, dass der Inhalt zu der damaligen Zeit etwas Neues, wahrscheinlich auch Ungewöhnliches war.
George Orwell hat das gemacht, wovon vielen Autor:innen abgeraten wird: Er hat sehr viel beschrieben, aber uns wenig erleben lassen. Minutenlang führt er uns in seinen Weltenbau ein. Wir merken hier, dass dieser Weltenbau gut ausgearbeitet ist. Allerdings wäre es für mich interessanter gewesen, Winston im Alltag zu begleiten und somit zu erleben, wie sich die Regeln der Welt auf seinen Alltag auswirken. Stellenweise wurde zwar darauf eingegangen. Im Mittelpunkt standen aber vor allem Monologe und lange Beschreibungen.
Durch die vielen Beschreibungen blieben die Figuren, nämlich Winston als Hauptfigur und Nebenfigur Julia, für mich eher oberflächlich. Insbesondere mit Winston habe ich nur mitgefiebert, weil ihm Grausamkeiten angetan werden, die kein Mensch verdient hat. Egal, wie man zu ihm steht.
Die Hörbuchgestaltung
Die Hörbuchgestaltung hat mir sehr gut gefallen. Deswegen ist es diesmal etwas schade, dass die Hörbuchgestaltung nur einen Punkt der Bewertung ausmacht.
Das Hörbuch befindet sich in einer Digifile Hülle und ist optisch sehr schön gestaltet. Der RandomHouse Audio Verlag hat das neu übersetzte Werk als ungekürztes Hörbuch produziert. Obwohl es einige Längen in dem Titel gab, gefällt es mir sehr gut, dass man sich für eine ungekürzte Fassung entschieden hat. Zudem werden die einzelnen Teile bzw. Unterteilungen in Kapitel angesagt. Das ermöglicht den Hörer:innen den Titel im Rahmen einer Leserunde mithören zu können, ohne unabsichtlich bereits mit dem nächsten Abschnitt zu beginnen.
Das Hörbuch wird von Christoph Maria Herbst gelesen, dessen Interpretation mich sehr beeindruckt hat. Mit Sieben Richtige habe ich vor ein paar Monaten einen Erwachsenentitel gehört, der ebenfalls eine ernste Handlung mit sich bringt. Deswegen war ich gespannt, wie Herbst 1984 interpretiert.
Herbst liest den Titel in einer normalen Lesegeschwindigkeit, die somit für eine Dynamik sorgt, die inhaltlich leider etwas fehlte. Außerdem hat er es geschafft, mir Winston als Hauptfigur näherzubringen. Er schafft es Winstons Gefühlschaos gut in Worte zu fassen. Besonders beeindruckt hat mich Herbsts Interpretation einer Szene, in der Winston mit seinen schlimmsten Ängsten konfrontiert wird. Herbst hat das Ausmaß von Winstons Angst stimmlich umsetzen können und dafür gesorgt, dass ich am liebsten kurz ins Hörbuch gegriffen und Winston gerettet hätte. Zudem ist es ihm gelungen eine wichtige Veränderung von Winston akustisch darzustellen.
Der Schreibstil
Leider hat mir George Orwells Schreibstil nicht gefallen. Inhaltlich hat Orwell zwar spannende Gedanken. Allerdings hat mir die Umsetzung nicht gefallen, die uns hier in minutenlangen Monologen begegnet. Was ich hingegen spannend fand war die Tatsache, dass Orwells Art zu schreiben vor ein paar Jahrzehnten als modern galt. Ich könnte mir sonst kaum vorstellen, dass sich 1984 zu einem Klassiker entwickelt hätte.
Gesamteindruck
Ich bleibe etwas enttäuscht zurück. Bei einer Dystopie, die so viele Menschen faszinierte, hatte ich etwas mehr erwartet. Es dauerte fast bis über die Hälfte bis die Handlung wirklich in Gang kam. Das ist mir eindeutig zu lange.
Dank der Interpretation von Christoph Maria Herbst sorgt das Hörbuch aber für einen echten Mehrwert. Falls ihr also doch etwas neugierig auf diesen Klassiker seid, rate ich euch dringend, zum Hörbuch zu greifen.
Infos zum Hörbuch
1984
Geschrieben von: George Orwell
Gelesen von: Christoph Maria Herbst
Bewertung: 2 von 5 Punkten
Bei meiner Lieblingsbuchhandlung bestellen.
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Dieses Hörbuch wurde mir als kostenloses Rezensionsexemplar von RandomHouse Audio zur Verfügung gestellt.