Türchen 13: Lilly

Ein Kranz in dessen Mitte eine 13 steht.An einem unbekannten Ort: Marlene

Ha! Die Dreier Kombination scheint schon mal zu funktionieren, dachte ich zufrieden.
Ich wusste, dass Lilly den beiden Jungs eine große Hilfe sein würde. Zum Glück erinnerte sie Christian an seinen zweiten Hinweis. Warum war er denn bloß nicht selbst darauf gekommen?

Auf dem Bildschirm des »Schranks« war der Wohnbereich meiner Wohnung zu sehen. Gerade hatten Lilly und Christian die Haustür geöffnet und blickten sich jetzt unsicher in meiner Wohnung um. Die Bildqualität war sehr gut.
Zufrieden legte ich meinen »Schrank« auf meinem Nachttisch ab. Genug der Recherche, dachte ich. Sie werden schon fündig werden.

Zum Glück konnte ich, dank Olivers zahlreicher technischer Handgriffe, auf die »Schrunks« zugreifen, die früher wohl ganz klassisch Überwachungskameras genannt worden waren.

Oliver hatte die »Schrunks« beinahe eigenhändig in meiner Wohnung angebracht. Was für ein guter Junge er doch war. Auch wenn er mit Sicherheit nicht damit gerechnet hatte, dass ich nun von seiner Installation Gebrauch machen würde.
Zumindest hätte es mich nicht erstaunt, wenn er mich hier falsch einschätzte. Bis vor ein paar Wochen hatte ich selbst nicht damit gerechnet, dass ich das Überwachungssystem einmal gebrauchen konnte, um meine eigene Wohnung aus der Ferne zu beobachten.

»Benötigen Sie noch etwas, Marlene? Sonst würde ich wieder zurück an die Arbeit.«
Ich schrak auf. Da hatte ich doch glatt vergessen, meine Hörgeräte einzusetzen. Kein Wunder, dass mir Lisas Schritte entgangen waren und ihre Stimme laut und ein klein bisschen zu tief klang. Im Alter kamen einem schon mal die hohen Töne abhanden.
»Zurück an die Arbeit, was? An die Arbeit fahren, klettern, kriechen?« Obwohl die Worte hart klangen, waren sie keinesfalls so gemeint. Und genau das wusste Lisa auch.

Sie lächelte, hielt mir ein kleines Tablett hin, auf dem meine Hörgeräte lagen. Gut poliert. Ich nahm ihr das Tablett ab und setzte die Geräte ein. Ein Dreiklang ertönte in meinen Ohren und dann hatte ich das Gefühl, die Welt wieder in ihrer ganzen Form akustisch wahrzunehmen. Als wären meine Ohren soeben erst erwacht.

»Zurück an die Arbeit gehen. Sie wissen schon. Heute Mittag ist sicher viel los. Und Sie wissen ja, wie Sie mich erreichen können, wenn etwas ist«, erläuterte Lisa, als sie bemerkte, dass meine Geräte einsatzbereit waren.
»Geh nur. Ich bin ja froh, dass du mir hilfst, diesen Plan in die Tat umzusetzen. Wir sehen uns heute Abend.«
Ich nickte ihr zu und sie wusste, dass sie entlassen war.

In Marlenes Wohnung

»Meinst du wirklich, dass das eine gute Idee ist?«
Lilly seufzte innerlich. Sie hatte es so oft mit den beiden Jungen besprochen. Aber Chris schien immer noch nicht von ihrem Plan überzeugt.
»Ich denke sogar, dass es ein verdammt guter Plan ist. Marlene hat dir zwei Hinweise versprochen. Und ich vermute ganz stark, dass sie kein Problem damit hätte, wenn du dir den zweiten Hinweis auch noch abholst. Außerdem behält uns Olli über die >Schrunks< im Auge. Oder, Olli?«

Die Zimmerdecke wurde für drei Sekunden in hellrotes Licht getaucht. Das Zeichen, dass Olli ihnen zuhörte und die Situation, zumindest technisch, unter Kontrolle hatte.
»Da! Siehst du?!«, fragte Lilly.
»Es tut mir leid, dass ich so nervös bin. Aber ich mag es nicht, einfach so in leere Wohnungen zu gehen und mich umzuschauen. Ich komme mir da immer so … kriminell vor. Ach, ich weiß auch nicht.« Chris wurde immer leiser, während Lilly zielstrebig auf den Vorratsraum ihrer Oma zumarschierte.

Er tut ja gerade so, als würde er sich ständig in leeren Wohnungen herumtreiben, dachte sie belustigt.
Sie schaltete das Licht an, griff nach dem Einkaufswagen und zog ihn in den Wohnbereich. Tatsächlich schien der Wagen leer zu sein. Er ließ sich problemlos in den anderen Raum schieben.
Sie mistet wirklich fleißig aus. Und ich dachte immer, Marlene nutzt den Stauraum, den sie jetzt im Wagen zur Verfügung hat, dachte Lilly verwundert.
Wo sollte hier bloß ein Hinweis für Chris versteckt sein?

»Hilf mir mal, das Ding umzudrehen!«, forderte Lilly ihn auf und öffnete den Reißverschluss des Behälters, in dem die Lebensmittel transportiert werden konnten. Den kleinen Taschen schenkte sie in diesem Moment keine Beachtung.
Chris griff nach der Unterseite des Wagens, drehte das Konstrukt mit einer fließenden Bewegung um und begann zu schütteln.
Da er Lilly um zwei Köpfe überragte, fiel ihm diese Bewegung vermutlich ziemlich leicht. Zumindest hatte Lilly den Eindruck, während sie ihn bei der Durchführung der Schüttelbewegung beobachtete.
Doch kein Gegenstand kam zum Vorschein.
»Vielleicht ist der Hinweis doch irgendwo anders versteckt«, überlegte Lilly ungeduldig.
Sie wandte sich ab und blickte sich im Wohnbereich ihrer Oma um. Die Anrichte war frei geräumt.
Eine einsame Kaffeemaschine und ein Wasserkocher standen darauf. Marlenes Küchentisch war mit einer Tischdecke verziert. In einer leeren Obstschale lagen kleine Schokoladenherzen.

Vielleicht hat sie damit Geschenke geschmückt, dachte Lilly, näherte sich und griff nach einem der Herzen.
Wenn Marlene die Schokolade schon so offen herumliegen ließ, konnte sie doch nichts dagegen haben, wenn Lilly …? Das Mädchen griff nach einem der Herzen, löste die Verpackung vorsichtig und steckte sich die Schokolade in den Mund.
Perfekt! Diese Schokolade schmeckt einfach göttlich.

Doch dann kamen die Fragen zurück: Was sollte das alles? Warum bekam jeder von ihnen einen Hinweis, mit dem er nichts anfangen konnte? Warum hatte Marlene keine weiteren Botschaften parat? Sie konnte doch nicht wirklich glauben, dass Lilly das Rätsel alleine löste.
Aber du hast ja jetzt Chris und Olli. Einen schüchternen Typen und jemanden, der etwas von Technik versteht. Na, toll! Okay, immer noch besser, als alleine tüfteln zu müssen.
»Ich glaub es nicht!«
Lilly zuckte zusammen und wandte sich Chris zu. Dieser wedelte mit einem Umschlag.
»Hier! Das ist er! Olli schau ihn dir an!«
Chris hielt den Umschlag in die Höhe und begann sich auf der Stelle zu drehen. Anscheinend hatte er keine Ahnung, in welcher Ecke die »Schrunks« installiert worden waren.

»Es steht eine zwei drauf! Das muss er sein. Auf Marlene ist Verlass!« Chris strahlte über das ganze Gesicht.
Und auch Lilly ließ sich erleichtert auf einen Stuhl am Esstisch fallen.
Einen Schritt weiter, dachte sie.

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6 Gedanken zu „Türchen 13: Lilly“

  1. Ja Chris. Den Trick kennen wir schon. Menschen an einen ungewohnten Ort locken und dann, um sich in Szene zu setzen, das Gesuchte hervorzaubern! Dabei hast Du ihn die ganze Zeit schon in der Tasche gehabt! Alter Zaubertrick…
    Warum fällt Lilly darauf rein?

    Die Grafikerin

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  2. Lilly liebt ganz offensichtlich Schokolade 🙂
    Und ohne tatkräftige Unterstützung wäre Chris wohl nicht wieder in Marlenes Wohnung gegangen. Obwohl er die ausdrückliche Erlaubnis der Hausherrin gehabt hätte. Chris ist zwar treu, aber Mut gehört nicht ganz zu seinen Stärken.

    Übrigens: An alle, die hier ausschließlich mitlesen oder auch mitkommentieren und bei den ganzen Charakteren den Überblick verloren haben: Im Übersichtspost, der unter jedem Türchen verlinkt ist, habe ich ein kurzes Personenverzeichnis ergänzt. Auf das es Orientierung bringen möge :).

    Antworten
  3. Hallo, ich bins, der Jogi.

    Ich bin begeisterter stiller Leser hier. Man muss es nur richtig lesen : Hinweise für Mannschaftsaufstellungen, Trainingsmethoden, Spielentwicklungen, jaa, auch die Einbindung der Techchnick, praktische Problemlösungen in Unterzahlsituationen, usw usf

    Ich find das ganz prima, dass es jetzt ein
    PERSONENVERZEICHNIS
    gibt, bei der Übersicht, als zweites, nach Klappentext.

    Es isch ja auchso, möcht ich mal sagen, so Spickzettel sind einfach nur hilfreich. Man denke an den Spickzettel von Jens Lehmann im Achtelfinale 2006 Elfmeterschießen gegen Argentinien. Ein voller Erfolg.
    Es werden ja auch während des Spiels Spickzettel verteilt, für taktische Umstellungen.
    Nun, bei der WM 2018 in Russland habe ich darauf verzichtet. Weil ich habe befürchtet, dass die dann nur noch am lesen sind …

    Also. Emma, vielen Dank für die zahlreichen Anregungen, ich werde es weiter verfolgen mit höggschter Konzentration.

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  4. Lieber Jogi,

    ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, wenn sich der Bundestrainer hier inspirieren lassen sollte. Den Ernährungsplan soll am besten nicht übernommen werden. Und alles weitere werden wir sehen.

    viele Grüße

    Emma

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