Der Inhalt
Auch an dieser Stelle gehe ich davon aus, dass ihr die ersten beiden Bände gelesen habt. Falls das nicht der Fall sein sollte, könntet ihr gespoilert werden.
Nach der Befreiung aus der Jubiläumsausgabe der Hungerspiele ist Katniss in Distrikt 13 angekommen. Auf den ersten Blick wirkt es im Distrikt deutlich angenehmer, als unter der Herrschaft des Kapitols. Hier gibt es strenge Regeln, die für Struktur sorgen. Außerdem hat jeder Bewohner des Distriktes – egal, ob Flüchtling oder nicht – eine Aufgabe, die ihm anvertraut wird. Allerdings setzen die Regeln und Pflichten auch voraus, dass es wenige Abweichungen von der Struktur und somit wenig Freiheiten geben darf. Am besten ist es also, sich anzupassen. Oder?
Das Hauptziel des dritten und letzten Bandes der Panem-Reihe besteht darin, das Kapitol, also die Regierung, zu stürzen. Einerseits ein logischer Gedanke, weil die Regierung viel Leid über die Bewohner von Panem gebracht hat.
Andererseits nervte mich diese Entwicklung aber ziemlich, weil wir hier wieder ein typisches Stilmittel von Dystopien und Fantasy Romanen vor uns haben: Es läuft immer auf dieses Gut-Böse-Schema hinaus. Und meist fließt im großen Finale ziemlich viel Blut und wir müssen uns von einer Menge Charaktere verabschieden.
Inhaltlich fand ich diesen Teil eindeutig am schwächsten: Es wurden zwar spannende Konflikte angedeutet, aber nicht zu Ende geführt bzw. hielt man sich an der Oberfläche auf. Außerdem hat mich dieses wahllose Charaktere sterben ziemlich genervt. Natürlich gibt es in einem Krieg Tote. Aber gegen Ende hatte ich das Gefühl, dass ziemlich unnötige Tode dabei waren, um die Dramatik der Geschichte hervorzuheben.
Kommen wir zu den Charakteren: Wie oben bereits angedeutet, ist Katniss von den Geschehnissen traumatisiert und kommt nicht wirklich zur Ruhe, weil ständig irgendwer etwas von ihr will. Wenn sie nicht der Spielball des Kapitols ist, soll sie an vorderster Front für die Rebellen kämpfen.
Katniss hingegen leidet unter der Situation und weiß nicht, was richtig und was falsch ist. Und der halbe Band dreht sich im Grunde darum, dass sie Orientierung findet, was ja an sich auch verständlich ist, weil man ja erst eine Weile braucht, um zu wissen, was man möchte. Allerdings muss Katniss gerade in der letzten halben Stunde des Hörbuchs nochmal ordentlich einstecken.
Und hier finde ich es sehr schade, dass wir über eine ganze Trilogie mitbekommen, wie ein fiktiver Charakter Stück für Stück physisch und psychisch zerstört wird. Aber wir erleben nicht, wie sie es aus ihrer Krise hinaus schafft. Und gerade das hätte vielen Lesern sicher Mut geben können.
Peeta hat es im letzten Band ebenfalls nicht leicht: Er und Katniss waren lange Zeit voneinander getrennt. Zudem sind Dinge passiert, die ihm schwer zugesetzt haben. Und diese Dinge hätte es meiner Meinung nach ebenfalls nicht gebraucht. Die Tatsache, dass er und Katniss ständig benutzt werden, hätte für mich schon ausgereicht, weil hier die Frage gewesen wäre, ob es beide durchschauen und wie sie es schaffen, ihre Position zu verteidigen, ohne zum Schluss gegen das Kapitol und die Rebellen kämpfen zu müssen.
Im letzten Band der Reihe treffen Peeta und Gale mehrfach aufeinander. Im vorherigen Teil wurde der Liebeshandlungsstrang gut eingeführt, weil unklar war, für wen sich Katniss entscheidet. Dieser Strang wurde aber in Band drei eher am Rande thematisiert.
Einerseits war das natürlich angenehm, weil wir schon viel mit der gewalttätigen Handlung zu tun hatten.
Andererseits fand ich es auch etwas schwach, weil es mir gezeigt hat, dass Suzanne Collins wohl keinen wirklichen Überblick über ihre Handlungsstränge hat.
Der Spannungsbogen der Geschichte war nicht nur gut aufgebaut, sondern beinahe ständig fest angezogen. Schnell stellt sich heraus, dass Katniss vermutlich zwei Feinde bekämpfen muss. Und es stellt sich die Frage, wie sie das schafft.
Die Hörbuchgestaltung
Ich habe schon häufiger erwähnt, dass ich es sehr angenehm finde, wenn eine ganze Buchreihe von demselben Sprecher oder derselben Sprecherin gelesen wird. Deswegen fand ich es schön, nochmal ein letztes Mal gemeinsam mit Maria Koschny nach Panem reisen zu können.
Im letzten Band der Trilogie hat Maria Koschny eine schwere Aufgabe vor sich: Die Ereignisse in Panem haben bei Katniss deutliche Spuren hinterlassen. Ihr Verhalten ist für ihre Mitstreiter nicht immer nachvollziehbar. Und hier muss Maria Koschny diesen Zwiespalt aufgreifen: Zum einen Katniss als Ich-Erzählerin weiterhin glaubhaft darstellen, aber zum anderen auch zeigen können, dass einige Mitstreiter Katniss nicht ganz ernst nehmen. Und das ist Maria Koschny hier sehr gut gelungen.
Der Schreibstil
Auch in diesem Band hat mir Suzanne Collins Schreibstil gut gefallen. Sie greift weniger auf Beschreibungen zurück, sondern lässt unsere Charaktere mehr erleben. Zudem lässt sie uns wieder ausführlich an Katniss Gedankenwelt teilhaben. Allerdings gelingt Suzanne Collins die Darstellung der Charaktere nicht wirklich gut. Viele Charaktere blieben für mich eher blass und waren nur aufgrund einer oder zweier Eigenschaften bekannt. Auch bei Katniss hätte die Autorin noch eine bessere Entwicklung herausarbeiten können.
Zudem wurde es im dritten und letzten Band der Reihe sehr blutig und gewalttätig, sodass ich mich fragte, ob es dieses Stilmittel wirklich braucht, um eine spannende Geschichte erzählen zu können.
Gesamteindruck
Leider kommt es hier zu keinem gelungene Abschluss der Trilogie. Suzanne Collins hat die Geschichte auf ein gefühltes standardisiertes Finale zusteuern lassen: Krieg, Gut-und-Böse-Problematik und viele Tote. Ich hatte mir hier etwas mehr erwartet, war aber durch den Austausch mit anderen Lesern etwas vorgewarnt.
Zudem bekommt auch dieser Band eine Altersempfehlung aufgedrückt, weil es zunehmend blutiger wird und ich der Meinung bin, dass man das Buch nicht unbedingt mit elf oder zwölf Jahren lesen sollte.
Infos zum Hörbuch
Die Tribute von Panem – Flammender Zorn (Band 3)
Geschrieben von: Suzanne Collins
Gelesen von: Maria Koschny
Bewertung: 3 von 5 Punkten
Bei meiner Lieblingsbuchhandlung bestellen.
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Eine starke Rezension, die ich so nur unterschreiben kann! Gerade dieser "Selbstfindungs-Keks" von Katniss ist mir irgendwann unheimlich auf den Senkel gegangen (in einem Reihenabschluss!) und hätte für mich weniger Platz einnehmen müssen.
Deinen Kommentar über den fehlenden Überblick über die Handlungsstränge finde ich total treffend. Ich hätte nie mit dem Finger darauf zeigen können – aber ja, das kann ich nachvollziehen.
Das Ende war einfach nur emotionale Schinderei von Lesern… *schnüff*
Liebe Grüße aus Hamburg!
Die Lisa
Hey Lisa,
es freut mich von dir zu lesen :-).
Katniss muss innerhalb der ganzen Trilogie auch ziemlich viel durchmachen. Und tatsächlich fand ich das Ende – nach einer Nacht drüber schlafen – auch irgendwie interessant, weil etwas passiert, das am Anfang schon im Raum war. Aber es war völlig überflüssig, davon nochmal Gebrauch zu machen. (Und ich hoffe, das ist jetzt einigermaßen gut und spoilerfrei ausgedrückt).
viele Grüße und bis hoffentlich bald
Emma