Der Inhalt
In Was wir dachten, was wir taten geht es um eine Geiselnahme einer Schulklasse. Ein Maskierter stürmt ein Klassenzimmer und gibt den Schülern eine Hand voll Aufgaben, die sie erfüllen müssen. Betitelt sind diese mit: „Meine letzten Wünsche“. Schnell wird klar, dass der Unbekannte die Geheimnisse der Schüler sehr gut kennt und nicht davor zurückschreckt diese ans Tageslicht zu befördern.
Wie oben bereits beschrieben, wird die Geschichte aus drei Perspektiven erzählt. Und ich fand es spannend zu lesen, dass es an keiner Stelle auch nur den Anflug von Langeweile gab. Obwohl alle Charaktere dasselbe erleben, hatte jeder einen anderen Blickwinkel auf die Situation.
Lehrer Herr Filler ist nicht etwa Pädagoge aus Leidenschaft. Er erfüllt einen Standard, interessiert sich aber viel mehr für seine Doktorarbeit in Mathematik, die er in jeder freien Minute schreibt. Schnell wird dem Leser klar, dass Herr Filler nicht gerade viel für seinen Beruf übrig hat. Und das diese nicht vorhandene Motivation nicht spurlos an den Schülern vorbeigeht, ist vorhersehbar.
Fiona wirkt zu Beginn der Geschichte eher schüchtern. Sie passt sich normalerweise an und ist geübt darin, nicht zu widersprechen. Doch als der Amokalarm ausgelöst wird und ein weinendes Mädchen an die verschlossene Klassenzimmertür klopft, kann sie nicht anders und setzt sich für das Mädchen ein. Fiona legt innerhalb des Romanes eine tolle Entwicklung hin. Zudem wird deutlich, wie viel sie von ihrer Klasse wahrnimmt.
Mark ist der Außenseiter der Klasse. Ihm fehlt die Motivation in der Schule etwas erreichen zu wollen. Der Unterricht überfordert ihn. Anstatt ihm Unterstützung anzubieten, bekommt er von Erwachsenen immer nur zu hören, wie er sein Leben zu organisieren hat. Dass diese Ratschläge auf Dauer nur für mehr Frustration sorgen, liegt auf der Hand. Doch obwohl ihm nur eine Person in seiner Klasse wirklich etwas bedeutet, ist er mitverantwortlich für den Höhepunkt der Geschichte.
Autorin Lea-Lina Oppermann beschreibt die unterschiedlichen Charaktere sehr gut. Auf der einen Seite sitzt der frustrierte Lehrer, der zeigt, wie anstrengend ein Beruf sein kann oder besser gesagt, was alles passieren kann, wenn unmotivierte Menschen im falschen Beruf festsitzen. Sie beschreibt das Machtspiel zwischen Schülern und Lehrern. Beide Parteien, die glauben im Recht zu sein und der Lehrer, der letztendlich immer am längeren Hebel sitzt.
Dann gibt es noch die beiden Schüler, die durch ihren unterschiedlichen Stand in der Klasse auch gegensätzliche Positionen darstellen. Fiona, das angepasste Mädchen im Kontrast zu Mark, der scheinbar überall aneckt. Und trotzdem lernen sich die beiden Schüler in dieser Extremsituation neu kennen und beginnen ihr Gegenüber mit anderen Augen zu sehen.
Die Spannung
Lea-Lina Oppermann hat den Spannungsbogen sehr gut aufgebaut. Die verschiedenen Aufgaben, die erfüllt werden mussten, boten auch eine gute Grundlage um die Handlung aufzubauen und zu vertiefen. Innerhalb dieser Aufgaben gab es aber auch eine Steigerung, die von den Schülern erfordert, eine Grenze zu überschreiten.
Besonders spannend fand ich auch, dass Was wir dachten, was wir taten einiges an Tiefgang mitbringt. Lea-Lina Oppermann stellt hier teilweise zwar Stereotypen an Charakteren vor, jedoch hatte ich einige der Charaktere selbst im meinem Jahrgang sitzen und konnte daher deren Verhalten sehr gut nachvollziehen.
Zudem war es auch interessant zu beobachten, dass eine Geschichte fesseln kann, obwohl diese nur an einem Schauplatz spielt.
Die Hörbuchgestaltung
Das Hörbuch wurde von der Hörcompany produziert, die zum Beltz Verlag gehört. Gelesen wird der Roman von Birte Schnöink, Sebastian Rudolph und Julian Greis. Am Anfang stellten sich die Sprecher indirekt mit ihren Rollen vor. Das hat mir sehr gut gefallen, da man die Charaktere so sofort der richtigen Stimme zuordnen konnte. Dieses Element wirkte dynamisch und sorgte eben für eine bessere Orientierung in der Geschichte.
Da es drei Hörbuchsprecher gibt, heißt das auch, dass die Geschichte aus drei Perspektiven erzählt wird.
Wir haben zum einen den Mathelehrer Herrn Filler, dem Sebastian Rudolph seine Stimme leiht. Er kam mir sehr bekannt vor, so als hätte ich ihn schon mal in einer Synchronsprecherrolle im Fernsehen gehört. Man hört, dass er bereits etwas älter ist. Daher passte die Rolle des Lehrers sehr gut zu ihm. Außerdem konnte er die Eigenschaften des Charakters noch genauer eingehen werde, genauso wie seine Kollegen, richtig gut transportieren.
Julian Greis und Birgit Schnöink sind beide schon lange aus der Schule heraus. Dennoch haben beide Schauspieler Stimmen, die sehr jung klingen. Auch sie wirkten auf mich authentisch.
Alle drei Sprecher haben dazu beigetragen, dass Was wir dachten, was wir taten zu einem angenehmen Hörerlebnis wurde. Die Stimmfarben passten gut zueinander und haben sich somit ergänzt. Zudem kam auch nie das Gefühl auf, dass ein Charakter dominiert. Ich hätte ihnen noch stundenlang zuhören können. Und es nervt mich wieder einmal, dass mir die richtigen Worte fehlen, um dieses Hörerlebnis beschreiben zu können. Vielleicht hilft die Anmerkung, dass Was wir dachten, was wir taten zu einem der Hörbücher gehört, welches ich innerhalb von drei Tagen durchgehört habe, weil mich die Geschichte einfach nicht mehr losgelassen hat.
Der Schreibstil
Lea-Lina Oppermann hat einen packenden, flüssigen Schreibstil. Sie schafft es, die Geschichte sowohl aus Sicht der beiden Schüler wie auch aus der Sicht des Lehrers authentisch zu beschreiben. Oft heißt es, dass Erwachsene Mühe haben, sich in Kinder oder Jugendliche hineinversetzen zu können. Wer Was wir dachten, was wir taten liest, merkt sofort, dass Lea-Lina Oppermann genau hinschaut und noch sehr gut weiß, mit welchen Sorgen sich Teenager so herumschlagen.
Was wir dachten, was wir taten erzählt zudem zwei Geschichten: Es geht natürlich um die Geiselnahme und die Frage, wie unsere Charaktere damit umgehen und der Situation entkommen können. Dann – als die Geschichte auf ihren Höhepunkt zugeht – verleiht die Autorin ihrem Roman aber ein Stück mehr Tiefe. Sie stellt das System, den Mainstream infrage und verpackt es so, dass die Brisanz durchkommt, man aber nicht das Gefühl hat, dass sie moralisiert. Lea-Lina Oppermann regt mit ihrer Geschichte zum Nachdenken an ohne dabei den Zeigefinger auszupacken.
Gesamteindruck
Nie hätte ich damit gerechnet, dass mich in Was wir dachten, was wir taten so eine tiefgründige Geschichte erwartet. Natürlich stand fest, dass es hier um kein leichtes Thema geht. Ich finde es aber sehr schön, wie sich die Autorin den Themen Amoklauf, Mobbing und allem was dazugehört, stellt, ohne den Leser zu belehren.
Gerade weil die Autorin hier Themen anspricht, die in vielen Schulen sicher anliegen, sollte Was wir dachten, was wir taten unbedingt in sämtliche Lehrpläne aufgenommen werden.
Infos zum Hörbuch
Was wir dachten, was wir taten
Geschrieben von: Lea-Lina Oppermann
Gelesen von: Birte Schnöink, Sebastian Rudolph, Julian Greis
Bewertung: 5 von 5 Herzen
Bei meiner Lieblingsbuchhandlung bestellen.
Dieses Hörbuch wurde mir als Rezensionsexemplar vom Verlag zur Verfügung gestellt
Hallo,
ich bin über Buchvogels Wanderung bei dir gelandet und hab gleich mal abonniert. 🙂 Ich höre auch sehr viele Bücher, dieses hier werde ich jedoch ganz bald lesen und freue mich nach deiner Rezi schon sehr darauf! Ein wichtiges Thema, das im Buch behandelt wird und ich hoffe sehr, dass es mich auch so bewegen wird.
GlG vom monerl
Hallo Emma,
und hier kommt der Wandervogel.
Die Autorin kannte ich bisher noch nicht und das Buch auch nicht; aber deine Rezension hat mich sehr überzeugt. Psychologisches Kammerspiel an einem Ort – wenn so etwas gut umgesetzt ist, dann ist es ein Knaller. Das Buch setz ich mir mal auf die Warteliste, bleibe als Leser und habe deinen Beitrag auf meiner Wanderung durch die Welt der Bücherblogs verlinkt.
Liebe Grüße
Daniela
Hallo Daniela,
vielen Dank fürs vorbeischauen und deinen lieben Kommentar. Es freut mich sehr, dass es das Buch auf deine Wunschliste geschafft hat und du als Leserin hier dabei bleibst. Deinen Beitrag werde ich mir gleich mal anschauen.
Ich war mir bei der Rezension mal wieder nicht ganz sicher, ob bei den Lesern wirklich ankommt, dass mir dieses Buch so gut gefallen hat. Ich neige dann immer dazu, mich zu wiederholen und das nervt mich ziemlich weil es ja keine 0815 Rezension sein soll.
viele Grüße
Emma
Hallo monerl,
auch an dich ein herzliches Willkommen und vielen Dank für deinen lieben Kommentar und das dabei bleiben. (Ich hab als Erstes gesehen, dass du mir auf TWitter folgst und hab mich schon gefragt, wie du mich gefunden hast 🙂 ).
Ich bin sehr gespannt, wie dir das Buch gefällt und hoffe, dass es dich ebenfalls begeistern kann.
viele Grüße und noch ein schönes restliches Wochenende
Emma