„Ach ja, dann zeig mal her!“, sie riss ihm die Tüte aus der Hand.
Gespanntes Schweigen.
„Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?“, fragte sie. Sie wollte ihrer Stimme keinen bestimmten Klang verleihen. Schließlich sollte er so wenig Gründe wie möglich haben, um irgendwelche Interpretationen anstellen zu können. Das war die erste Regel der erfolgreichen Verhandlungen. Und damit kannte sie sich aus.
„Jetzt komm schon! Du hast gesagt, guten Stoff kannst du immer brauchen. Und das ist guter und teurer Stoff. Das weißt du so gut wie ich.“ Sie lächelte in sich hinein. Begann er da etwa zu betteln? Normalerweise versuchte er die Überhand zu behalten und ihr – obwohl sie der Boss war – das Gefühl zu geben, auf seine Verhandlungen angewiesen zu sein. Manchmal fragte sie sich wirklich, ob ihm eigentlich klar war, wie viele Lieferanten sie eigentlich hatte und das es nicht von ihm allein abhing, ob sie einen guten Fang machte.
„Ich verkauf sie dir“, er bettelte wirklich.
Sie seufzte: „Wie viel?“.
„500“, normalerweise beschränkte er sich nicht nur auf Zahlen. „Was? Äpfel? Klopapier? Oder gibst du dich auch mit 500 Kugelschreibern zufrieden? Immerhin braucht ihr Hausmeister gutes Schreibhandwerk, was?“, jetzt konnte sie sich ein Lachen nicht mehr verkneifen. „Grins nicht so gehässig. Du weißt genau, dass ich 500 € von dir will“, murrte er. Sie genoss es, wie seine Beherrschung dahinbröckelte. Er ging ihr auf die Nerven. Ob ihm das klar war, konnte sie nicht genau sagen. Um ehrlich zu sein, war es ihr auch egal.
„Vergiss es. Da bekomm ich drei von den Flaschen“, bluffte sie. Als Kennerin wusste sie, dass eine Flasche das Doppelte wert war und sie Glück hatte, wenn er mit dem Preis nicht nach oben ging. Aber der Hausmeister informierte sich eben nicht gründlich darüber, wie viel seine Ware wert war. Er war eben ein impulsiver Typ. Neuer Stoff musste gleich unter die Leute gebracht werden. Recherchen waren nie sein Ding. Und das war ihr Vorteil.
„490 Eeeuuro“, grinste er. Sie packte ihre beste versteinerte Miene aus, die sie gerade zur Verfügung hatte.
„Ich geb dir höchstens 200 € dafür. Mehr ist das echt nicht wert. Aber es ist wirklich guter Stoff. Wo hast du das eigentlich her?“, versuchte sie das Gespräch schnell in eine andere Richtung zu drängen. Wenn er erstmal weich geklopft wurde, war es ein Kinderspiel ihm die Flasche abzunehmen. „Ach das… Das glaubst du mir nicht“, grinste er. Sie packte ihre „Ich bin so neugierig“- Blickkiste aus. Und zwar mit Erfolg.
„Du kennst doch Rosie oder? Die Blonde. Der gehört die Flasche eigentlich. Aber Pech, wenn man sich nicht genügend Zeit nimmt, seinen Spind ordentlich abzuschließen, was?“
„Das heißt, du hast eine Krankenschwester beklaut?“, die Frage war mehr eine Feststellung. „Naja… beklaut würde ich das nicht nennen. Das war sozusagen eine willkommene Einladung. Außerdem hat sie ein riesen Geheimnis um die Flasche gemacht. Und ich mag sie eh nicht“, konterte er. „Na, wenn das so ist…“, holte sie aus. Er warf ihr einen fragenden Blick zu. Sie blieb still. „Okay, 300 €. Aber mein letztes Wort. Sonst kann ich mir die neue Konsole gleich in den Arsch stecken.“
Sie streckte ihm die Hand hin. Er schlug ein und das Geschäft war besiegelt.
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Wow, ich bin die Erste?
Das spricht aber nicht für deine Leute *schimpf*
Was für eine Trante ist das denn? Immer diese unnetten Leute… Aber gut.
Worüber wolltest du mit mir hier diskutieren? Ich bin neugiereig =D
UND – was hier definitiv fehlt (bei dem kalender), ist die Möglichkeit irgendwie chillig zum letzten Kapitel zurückzukommen. Irgendwo muss man ja die Antworten auf die Kommentare von dir lesen können?
LG
Oh Gott ich werde echt alt!
Ich habe keine Ahnung, über was ich mit dir hier diskutieren wollte…
Und was die Sache mit den Verlinkungen betrifft: Ich hab mir auch schon überlegt, am Ende der Posts so eine "Vorher –> Nachher" Verlinkung einzubauen. Ich denke das werde ich morgen vielleicht sogar in die Tat umsetzen…
Eine Rückmeldung habe ich heute schon bekommen. Allerdings meinte die Person, dass sie langsam inhaltlich aussteigt. Wichtig zu erwähnen ist aber, dass sie sonst keine Romane liest, d.h. es ist schon ein Erfolg, dass ich sie "bis zur Hälfte" fesseln konnte. (Was für ein sprachliches Bild! Das stelle ich mir gerade sehr lustig vor).
viele Grüße und bis hoffentlich morgen
Emma
Man muss den anderen ja auch einmal den Vortritt lassen beim Kommentieren 😉
Also dieses Kapitel finde ich wieder etwas schwer greifbar, im Sinne von charakterlich etwas flacher als die davor. Ist natürlich auch wieder eher ein kürzerer Ausschnitt, aber die letzten Kapitel waren das auch und da fand ich es sehr gut 🙂
LG
Wie edel! Dafür führst du das aktuelle Türchen wieder an 🙂 ZUmindest vermute ich, dass du das bist 🙂
Eine ähnliche Rückmeldung habe ich gestern auch schon bekommen.
viele Grüße
Emma